Decoderstreit endet mit Sieg nach Punkten für Kirch

■ Bertelsmann und Kirch geben bekannt: Vermarktung der Geräte für Digital-TV künftig unter Kirchs Führung. Kirch-Partner Murdoch darf bei premiere einsteigen

Berlin (taz) – Gestern haben die Kirch-Gruppe und die Bertelsmann AG bekannt gegeben, wie sie gemeinsam die Zukunft des digitalen Fernsehens in Deutschland organisieren wollen. Die beiden Verschlüsselungssysteme sollen vorläufig miteinander kompatibel gemacht, auf Dauer aber durch ein gemeinsames abgelöst werden. Die meisten Beobachter gehen davon aus, daß es sich dabei um Kirchs System der sogenannten „d-box“ handeln wird. So fällt auf, daß in der Presseerklärung von Bertelsmann, in der die Einigung bekannt gegeben wird, die eigene „mediabox“ nicht einmal mehr erwähnt wird. Morgen wird Kirchs Digital-TV mit einer Übertragung vom Hockenheimrennen der Formel 1 gestartet.

Bertelsmann-Vorstandsmitglied Michael Dornemann freute sich zwar offiziell, man habe sich „geeinigt, den gemeinsamen Pay- TV-Sender premiere als Premium- Kanal für Spitzenfilme und die Fußballbundesliga digital weiterzuentwickeln“. Doch dafür zahlt Bertelsmann, das immer auf premiere als Zentrum für das Digital-TV gesetzt hat, einen hohen Preis: Bislang gehörte dem Konzern, gemeinsam mit seinem Partner, dem französischen Pay-Sender Canal+, die Mehrheit an premiere. Künftig müssen sie sich die Macht bei Deutschlands erstem Pay-Sender (1,2 Millionen Abonnenten) nicht nur mit Kirch, sondern auch mit dessen Verbündetem Rupert Murdoch teilen: Jede der vier Firmen soll künftig 25 Prozent der Anteile halten.

Vor allem aber soll die gemeinsame Vermarktung der Decoder von der Firma Primus, einer Tochter der Kirch-Partner Metro und Vebacom, übernommen werden. Zwar dürfen Bertelsmann und sein Partner, die Deutsche Telekom, hier jetzt auch mit einsteigen, doch wird dadurch ihre eigene Vermarktungsfirma namens MMBG zur leeren Hülle. Deren andere Gesellschafter, darunter auch ARD und ZDF, sind von der Entwicklung überrollt worden und wissen noch nicht, wo ihre Programme künftig digital ausgestrahlt werden können.

Offenbar ist für Kirchs Digitalfernsehen DF1 eine herausragende Stellung vorgesehen. So soll zusammen mit seinem Programmpaket auch premiere und das Bertelsmann-Paket Club-RTL abonniert werden können. Davon, daß das umgekehrt auch möglich sein wird, ist dagegen bisher nicht die Rede. Michael Rediske