■ Hannovers Polizeiführer monologisieren im Internet
: Hallo, hier spricht Edgar Wallace!

Mit etwas mehr Geld wäre noch mehr drin gewesen. Dann hätten wir die ganze Macht des Mannes vor Augen gehabt, der vor dem größten Polizeieinsatz in der Geschichte seiner Stadt steht. Doch Hannover ist arm. Und so haben wir nur sein lebloses Konterfei und eine Art Sphärenstimme, die sich im Internet unter http!//www.alphanet.de/POLIZEI-HANNOVER/info/thm meldet!: „Hier spricht Dieter Klosa, Polizeipräsident in Hannover.“

Er möchte der Jugend die Ohren öffnen und ihre Zungen wieder zum Sprechen bringen. Sie sollen nicht sauer sein wegen eines Verbots: „Uns blieb (...) keine andere Wahl. Wir mußten die Chaos-Tage 1996 verbieten und werden dieses Verbot auch durchsetzen. Es geht dabei nicht darum, den Freiraum für junge Menschen schlechthin zu begrenzen (...).“ Nein, das nicht. Die Stimme kennt ihre Aufgabe. Und zwar geht es „um unsere jungen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die zu einem Großteil der teilnehmenden Altersgruppe angehören. Deren Aufgabe nicht darin besteht, andere zu verprügeln (...).“ Dieter Klosa möchte das wirklich nicht. Daß in seiner Stadt Kinder in Uniform, mit Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen gegen Kinder mit bunten Haaren und Steinen in der Hand...

Damit das auch wirklich jeder kapiert, sorgt auf den folgenden Internet-Seiten Einsatzleiter Eggerling für geistige Disziplin. Für ihn gab es kein Mikro und nicht einmal ein Paßbild, für ihn muß ein einfacher Fließtext genügen. Doch auch das reicht, um gerade jungen Menschen klarzumachen, daß sie auf dem Holzweg sind. „Weiß denn überhaupt irgendeiner von Euch, daß mehr als ein Drittel der Einsatzkräfte Frauen, junge Frauen sind? Was für ein Szenario: Junge mutige Frauen verteidigen den sozialen Frieden gegen die letzten ,hirnlosen‘ Ausgaben der Macho- Männlichkeit (saufen, prügeln, kotzen!). Tja: Die „Chaos-Tage“ müssen sich dem emanzipierten Polizeiführungsstil anpassen. Und das muß den Punks doch beizubringen sein. „Immerhin ist uns ein Flublatt bekannt, das die Punks sogar auffordert, sich zu ,Ordnungstagen‘ in Hannover zu treffen.“

Im Internet wird den Ordnungshütern klar: Der Krieg der Kinder ist gar nicht so gemeint. Das ist ein Mißverständnis. Und ganz leicht zu lösen. „Wer Mumm hat, sollte in seiner Gruppe, bei seinen Freunden und Bekannten die ganze Sache noch einmal diskutieren. Die Polizei kann von ihrem Standpunkt nicht zurückweichen: Die ,Chaos- Tage 1996‘ sind verboten! (...) Vielleicht verstehe ich nicht viel von PUNK. Mein Eindruck ist, daß PUNK eine grelle, aber aufrichtige und ehrliche Sache ist. Die ,Chaos- Tage‘ sind aber längst zu einer unehrlichen Sache geworden. Deshalb meinen wir, es sollte keiner hingehen. Diesmal ist einfach kein echter Spaß drin, sondern nur Krampf.“

Wie schön könnten die „Chaos- Tage“ sein, wenn man auf die grünen Männchen im Internet hören würde. Eine ehrliche Sache wäre das, und irgendwie locker. Eine Begegnungsstätte für junge Menschen. Warum nur kann es nicht so sein? Antworten erwarten Polizeipräsident Dieter („die Stimme“) Klosa und Peter („Warum nur?“) Eggerling, Polizeidirektor und Gesamteinsatzleiter des Einsatzes „Chaos-Tage“ unter E-Mail: polizei-hannover6alphanet.de. Jörg Ihssen