■ Fußballfernsehrechte: Leo Kirch holt die WM ins Pay-TV
: Die Weltmeisterschaft im Abo

Auf den ersten Blick scheint es halb so schlimm: Wenn ab dem Jahr 2002 die Fußball-Weltmeisterschaft nur noch im Privat-TV läuft, müssen wir ja nur auf die schlauen Spielanalysen von Kalli Feldkamp verzichten – und statt dessen zehn Minuten Werbung auf Sat.1 ertragen. Schön wär's. Denn zum Leidwesen der Werbekunden gibt's beim Fußball nur alle 45 Minuten eine Pause – anders als beim Boxen. Und wenn wir dann hören, daß Leo Kirch künftig 1,7 Milliarden für die Übertragungsrechte einer WM zahlt, während die Öffentlich-Rechtlichen für ihr letztes Turnier 1998 gerade 280 Millionen hinblättern müssen, dann schwant uns schon, daß nicht nur bei den Werbekunden kassiert werden soll.

Immer mehr Spiele werden künftig nur noch gegen Geld zu sehen sein – auf einem Abo-Kanal oder auch für zehn oder zwanzig Mark pro 90 Minuten (Verlängerung und Elfmeterschießen gratis dazu). Ende dieses Monats beginnt Leo Kirch mit seinem Digital- Fernsehen, das auch das Abrechnen von einzelnen Sendungen erlaubt. Wahrscheinlich hat das neue Pay-TV bis zum Jahr 2002 noch nicht so viele Kunden, daß Kirch die deutsche Mannschaft dort gewinnbringend vermarkten kann. Aber selbst wenn vorerst die Topspiele noch nicht ins Pay-TV wandern – der Trend ist unaufhaltsam. Spätestens 2010 dürfte er das Endspiel erreicht haben.

Die Fußballfans können sich ausrechnen, daß eine WM sie in Zukunft leicht mehr als die jährliche Rundfunkgebühr kosten kann. Doch das ist nun mal die Logik von Privatfernsehen plus technischer Entwicklung: Je mehr Kanäle um die wenigen wirklich großen Sportereignisse rangeln, und je raffinierter Kirch und seine Konkurrenten auf Mehrfachverwertung im werbefinanzierten und im Pay-TV setzen können, desto schneller dreht sich die Preisspirale nach oben. ARD und ZDF haben da keine Chance mitzuhalten – zumal in einer Zeit, in der ihnen Bild und CDU nicht einmal einen Inflationsausgleich bei den Rundfunkgebühren zugestehen wollen.

Dennoch: Kopf hoch, Herr Pleitgen! Das „europäische Kulturerbe“, das Sie jetzt beschwören, ist noch nicht ganz verloren, wenn wir fürs Fußballgucken extra zahlen müssen. Schließlich wird die WM ja nicht abgeschafft. Heben Sie sich dieses Argument doch lieber für die ARD auf. Michael Rediske