„Wir sind denen lästig“

■ Vulkan-Auffanggesellschaft „mypegasus“ beklagt „Reibungsverluste“ mit dem mittleren Werft-Management

Ulrike Bohnenkamp ist nicht gut zu sprechen auf die verbliebenen Chefs der Bremer und Bremerhavener Werften. Die Geschäftsführerin der Auffanggesellschaft „mypegasus“ sprach gestern mehrmals von „Reibungsverlusten“, als sie die Bilanz der ersten 60 Tage seit dem Vulkan-Konkurs zog. Schuld daran sei vor allem das „mittlere Management“ der Werften, „von denen werden wir offenbar als lästig empfunden“.

Zum Beispiel bekämen die rund 3.100 Arbeiter und Angestellten, die mypegasus derzeit zur Arbeit auf den Werften zurückvermittelt hat, Lohn und Gehalt um bis zu zwei Wochen zu spät, weil die Werften mit den Lohnabrechnungen in Verzug seien. Und bis heute habe sich Konkursverwalter Jobst Wellensiek nicht in der Lage gesehen, der Auffanggesellschaft konkrete Angaben darüber zu machen, welche der insgesamt 4.300 Vulkanesen überhaupt noch jemals wieder eine Chance bekommen, auf den Werften zu arbeiten.

Wäre zumindest das klar, „könnten wir die Betroffenen auch qualifizierter beraten“, sagt Bohnenkamp. Noch nicht einmal über den Zeitpunkt der Fertigstellung der „Costa Victoria“ sei sie von den Konkursverwaltern informiert worden. Doch für „mypegasus“ ist das Datum für die eigenen Planungen entscheidend. Schließlich lassen sich für Hunderte von Werftarbeitern nicht von jetzt auf gleich sinnvolle neue Aufgaben anbieten.

Von den 1.159 Ex-Vulkanesen, deren „strukturelle Kurzarbeit“ mypegasus derzeit verwaltet, werden rund 40 Prozent ab der nächsten Woche an Kursen zur Weiterqualifikation teilnehmen. „Das ist eine sehr hohe Quote, wenn man bedenkt, daß das Arbeitsamt normalerweise nur mit einer Beteiligung von fünf Prozent der Arbeitslosen an solchen Maßnahmen rechnet“, sagte gestern die Bremer DGB-Vorsitzende Helga Ziegert.

Auch Ulrike Bohnenkamp ist mit dem Interesse der Vulkanesen zufrieden. 800 von ihnen hatten letzte Woche an Informationsveranstaltungen über das kurzfristig aus dem Boden gestampfte Fortbildungsangebot teilgenommen. Metallfacharbeiter können sich dabei zum Beispiel mit Umweltfragen oder Elektrotechnik beschäftigen, VerwaltungsmitarbeiterInnen mit EDV und Betriebswirtschaft. Der Arbeitssenator hat dafür 380.000 Mark aus EU-Mitteln bereitgestellt.

Zu große Illusionen sollten sich die Ex-Vulkanesen allerdings nicht machen. „Auf dem Arbeitsmarkt liegt die Schallgrenze bei 40 Jahren“, weiß die mypegasus-Geschäftsführerin. Wer älter ist, muß über eine grundsätzliche Neuorientierung im Berufsleben nachdenken. Seit Ende Juni werden dafür auch Existenzgründungs-Lehrgänge angeboten. Gerade mal „30 bis 40 MitarbeiterInnen“ haben bisher woanders neue, unbefristete Arbeitsplätze gefunden und bei „mypegasus“ gekündigt.

„Die ganze Konstruktion steht und fällt mit neuen Aufträgen“, sagt denn auch der Bremer IG-Metall-Bevollmächtigte, Dieter Reinken. Dieser Tage solle endgültig grünes Licht für den Bau der Containerschiffe 110 und 111 auf der Vegesacker Vulkan-Werft kommen. Reinken: „Ich rechne stündlich mit der Nachricht.“

Auch Reinken sieht jetzt eine „Runderneuerung“ des Werften-Managements als vordringliche Aufgabe der Konkursverwalter. „Wir werden dafür auch Druck von unten machen“, kündigte er gestern an. Schließlich gibt es in dem zur Vulkan-Rettung ausgehandelten Tarifvertrag einen Passus, nach dem die deutlich reduzierten Löhne und Gehälter nachgezahlt werden müssen, wenn sich nach Abrechnung eines Schiffsneubaus herausstellt, daß das Ergebnis positiver war als vorausgesehen. „Die Kollegen haben also ein direktes Interesse an der Wirtschaftlichkeit und werden das auch einbringen“, kündigte der IG-Metall-Chef an. Ase