Föten für die Quote

Permanent werden in deutschen Fernsehserien Kinder gezeugt, geboren oder adoptiert. Sehr zum Leidwesen der Zuschauer, meint jedenfalls  ■ Frank M. Ziegler

In deutschen Endlosserien werden ja Kinder verloren wie Regenschirme. Meistens bei Autounfällen. Da bricht sich alle 10 bis 15 Folgen die Tragik Bahn in der Großaufnahme eines sich krümmenden schwangeren Frauenkörpers! Und jedesmal schreit es im Hintergrund mit überschlagender Stimme „O Gott, das Kind!“ Das war's dann meist.

In TV-Sprech nennt man das „Cliffhanger“. Wer wissen will, wie's weitergeht, muß halt die nächste Folge anschalten. Aber da ist das Kind dann meistens schon gewesen, und die Mutter glotzt deprimiert in die Kamera, wie letzten Sommer beispielsweise die blutjunge 16jährige Anna in „Verbotene Liebe“. Was fährt sie auch hochschwanger auf dem Motorrad mit? So was muß sich ja rächen. Dabei wollte sie das Baby doch „so arg“! Und darum leiden wir, die wir die Fans sind, ja auch alle, alle ganz kräftig mit ihr mit.

Bei Tina Ullrich aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ haben wir ja weniger mitgelitten, als sie weiland das Kind von Schönling Heiko beim obligatorischen Autounfall verlor. Die wollte das Balg ja eh nicht! Hat's nur behalten, weil Freund Heiko sie sonst in der Presse als „Mörderin“ beschimpft hätte. Mutterliebe sieht anders aus.

Eher wie bei Jan und Julia, den inzuchtgefährdeten Zwillingen aus „Forbidden Love“, die mal eben für drei Wochen die vierjährige Mimi bei sich durchfüttern, weil ihre unsportliche Mami sich das Bein gebrochen hat. Und in der Zeit streiten die Geschwisterlein gar nicht mehr darüber, wer von ihnen denn jetzt gerade den anderen am meisten liebt, sondern nur noch, wen wohl die Mimi am meisten lieb hat. Neid und Eifersucht zwischen dem verbotenen Traumpaar! So was machen Kinder aus unseren Serienstars!

Und dabei wurde doch erst letzte Woche in derselben Soap Jan und Julias eigene Mutti beerdigt: tot durch Schwangerschaftskomplikationen! Huch, wie grausam ist die Kinderwelt! Und trotzdem will die immer fetter werdende und dauernd um ihr Onkelchen trauernde Urzula aus der „Lindenstraße“ unbedingt ihr uneheliches Gör vom ehebrechenden Italiener Paolo austragen! Guckt die denn nie „Marienhof“? Da wimmelt es doch auch nur so von abschreckenden Beispielen: Erklär mir doch mal einer, warum die Elternliebe von Hilde und Heinz Poppel nicht mal unter Alkoholeinfluß abflaut? Die haben ihre illegal aus Brasilien eingeschmuggelte Adoptivtochter Paula sogar noch lieb, wenn die ihrem Geschichtslehrer sexuelle Nötigung andichtet, Drogen schluckt, Pornovideos dreht und beim Voodoopuppenbeschwören das halbe Haus in Flammen aufgehen läßt.

Überhaupt wird in unserer Serienlandschaft so wild herumadoptiert, als wär' das ganze Jahr Kinderschlußverkauf! Und was sind das alles für gräßliche Rangen! In der „Lindenstraße“ zum Beispiel: Da adoptieren Berta und Gottlieb Griese diesen unverschämten Mexikaner-Bub Manoel. Und wofür? Nur damit er erst sein großes Geschäft auf den Teppich macht, dann Bertas ganzes Geld klaut und zum Dank wieder nach Mexiko abhaut! Also nee!

Und Gabi Zenker adoptiert fast die gemeingefährliche Lisa Hoffmeister, die stante pede Amélie von der Marwitz ans Bett fesselt und später den armen Expriester Matthias mit der Teflonpfanne tothaut. Kein Wunder, daß so was am Ende doch wieder ins Heim muß!

Was sind denn das nur alles für eklige Gören, die die Serienwaisenhäuser da an unsere armen Soap-Familien vermitteln? Haben die denn nix Normales im Angebot?

Weniger gut haben sich auch die Quoten-Föten von Chris Barnsteg, Berta Griese und Gabi Zimmermann gehalten: Fehlgeburten allesamt! Und Bianca Guther hat ihr Kind vom blinden Tennislehrer Nossek damals sogar abgetrieben! Nichts Irdisches ist den „Lindenstraße“-Autoren fremd. Nicht mal „Scheinschwangerschaften“. Bis zur Folge 13 im März 1986 wußte ich gar nicht, daß es so etwas überhaupt gibt! Aber dann hatte Elfie Kronmayr eine. Und später auch Berta Griese. Die machte schon immer gerne nach, was andere ihr vorkauen.

Svenja Gerster im „Marienhof“ hat da gleich Nägel mit Köppen gemacht und ihr Baby von Ehemann Sülo Özgentürk ruck, zuck abgetrieben. Ist ja auch verständlich. Nachher hätte er es noch türkisch erzogen, und dann hätte sie zu Hause nie wieder ein Bein auf deutschen Linoleumboden gekriegt.

Mit guten Beispiel geht auch Andy Zenker aus der „Lindenstraße“ voran. Der Mann hat es endlich begriffen und sich nach vier vollstreckten Zeugungen sterilisieren lassen. Jetzt hat das Kindergekriege wenigstens im 2. Stock rechts ein Ende. Man blickt ja sonst wirklich nicht mehr durch.