„Wie zu Hause“

■ Der namibische Unabhängigkeitskämpfer Sam Nujoma kehrt nach zehn Jahren als Staatspräsident nach Bremen zurück

„Guerilla-Kämpfer in Bremen hofiert“ – so titelte noch 1984 der „Weser-Report“ aus Anlaß einer Tagung mit Vertretern der namibischen Unabhängigkeitsbewegung Swapo in der Bremer Universität. Inzwischen sind zwei der damaligen „Guerilla-Kämpfer“ Minister, ein weiterer Teilnehmer der Bremer Tagung wurde später Staatssekretär in der ersten demokratisch gewählten namibischen Regierung. Einige frühere Swapo-Gäste Bremens gehörten auch gestern zur Delegation, die mit Namibias Präsident Sam Nujoma zum Staatsbesuch in die Stadt kam.

„Wir haben uns hier immer zu Hause gefühlt“, sagte Nujoma am Nachmittag bei seiner ersten Rede in Bremen zur Eröffnung der Ausstellung „20 Jahre Zusammenarbeit Bremen-Namibia“ im Staatsarchiv, „vielen Dank für die Unterstützung, die Sie uns gegeben haben.“

Das Kompliment war ernst gemeint. Schließlich war Bremen lange Zeit das einzige Bundesland, das afrikanische Befreiungsbewegungen offensiv unterstützte. Schon 1975 war der Swapo-Vertreter Ben Amathila offiziell in Bremen empfangen worden. Aus dem Kontakt entstand ein paar Jahre später das Bremer „Namibia-Institut“ an der Universität.

Hier wurde das südwestafrikanische Apartheid-System erforscht, über eine mögliche Verfassung für ein freies Namibia nachgedacht und Unterrichtsmaterial für Flüchtlingsschulen in Sambia erarbeitet. Mit den ersten freien Wahlen siedelte das Bremer Namibia-Institut 1989 nach Windhoek um, sein Leiter, der Bremer Jura-Professor Manfred Hinz, nahm seine Bremer Stelle dorthin mit und berät seitdem die Regierung in Rechtsfragen.

Als Sam Nujoma 1985 mit einer großen Swapo-Delegation nach Bremen kam, war das Ende des südafrikanischen Apartheid-Regimes in Namibia schon absehbar. Trotzdem war auch damals ein Empfang der Unabhängigkeitskämpfer noch eine Besonderheit in Deutschland. Und auch die Handelskammer war partout gegen die offiziellen Gespräche, die ja Bremer Handelsinteressen mit dem Apartheid-Südafrika hätten schaden können.

Ein Foto der Staatsarchiv-Ausstellung zeigt Nujoma damals zwischen Bildungssenator Horst-Werner Franke und Anton Lubowski. Lubowski, Anwalt aus Windhoek, war eines der wenigen weißen Mitglieder der Swapo-Führung und Leiter eines rechtswissenschaftlichen Schwerpunkts im Bremer Namibia-Projekt. Kurz vor der ersten freien Wahl wurde er in Windhoek Opfer eines Attentäters.

Das Namibia-Projekt war nicht die einzige Bremer Unterstützung für die Swapo und ein unabhängiges Namibia. Rund 25 Millionen Mark seien in den vergangenen 20 Jahren in solche Bremer Solidaritätsprojekte geflossen, sagt der Leiter des Landesamtes für Entwicklungszusammenarbeit, Gunther Hilliges. Vier Millionen davon hat das Land Bremen selber beigesteuert, der Rest kam von der Europäischen Union, vom Bund und von privaten Trägern.

Seit zehn Jahren organisiert zum Beispiel die „Praktische Solidarität von Volk zu Volk“ (PSVV) Hilfslieferungen – zuerst in die Flüchtlingslager und seit der Unabhängigkeit nach Namibia selber. Später kamen auch eigene Entwicklungsprojekte dazu, zum Beispiel die Verbreitung von „Sonnenöfen“ im Norden Namibias.

Die auf viel ehrenamtliches Engagement gestützte Arbeit der PSVV ist jedoch nicht unumstritten. So sieht zum Beispiel Hilliges keine Zukunft für die geplante Herstellung der Öfen in Namibia. Für ein Zehntel des dafür erforderlichen Geldes könnten sie auch aus Indien importiert werden.

So hilfreich Bremen in den letzten 20 Jahren für Namibias Unabhängigkeit war, so führend war es vor 100 Jahren bei der Kolonisierung von Südwest-Afrika. Als kleine Geste hat das Überseemuseum Sam Nujoma gestern einen Band mit Briefen zurückgegeben. Der Freiheitskämpfer Hendrik Witbooi hatte sie 1894 während der hierzulande als „Hottentotten-Aufstand“ bezeichneten Rebellion gegen die deutschen Besatzer geschrieben.

Ase

Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Juli im Staatsarchiv zu sehen.