„Das ist ein Bruch mit bisherigen CDU-Positionen“

■ Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts scheitert an der CSU, meint der SPD-Abgeordnete Willfried Penner

taz: Hundertfünfzig CDU-Abgeordnete fordern einen Einbürgerungsanspruch für Ausländer, die seit 10 Jahren hier leben und den automatischen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für hier geborene Kinder von Ausländern.

Willfried Penner: Der zweite Punkt ist zentral und stellt ganz klar einen Bruch mit der bisherigen Grundauffassung der CDU/ CSU dar, der besagte, daß Ausländer Ausländer bleiben sollen und auch die Kinder erst nach einer bestimmten Zeit einen Anspruch auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erhalten sollten. Es ist auch ein Abgehen von dem bisher hochgehaltenen Grundsatz des Vermeidens der doppelten Staatsbürgerschaft. Auffällig ist vor allem, daß dieser Vorstoß der Arbeitsgruppe in direktem Gegensatz zu dem jüngsten Vorschlag der Koalitionsfraktionen steht. Dieser sah vor, daß junge Ausländer, die mit dem Strafgesetzbuch erheblich in Konflikt geraten sind, in das Land abgeschoben werden können, deren Staatsangehörigkeit sie zwar besitzen, das sie aber nicht kennen. Das läuft dann auf Verbannung hinaus.

Was folgt daraus?

Die Arbeit dieser Arbeitsgruppe ist sicherlich des Ansehens wert. Damit daraus ein politischer Stoff wird und nicht lediglich das Ergebnis einer hochehrenwerten Gruppe, muß dieses Ergebnis formalisiert in den Beratungsprozeß des Bundestags eingebracht werden: Änderungsanträge müssen her.

Die CDU ist der CSU verpflichtet, die sich ideologisch nach wie vor zu einem Deutschtum bekennt, das mit dieser Initiative nicht in Einklang zu bringen ist.

Ich glaube, daß es auf diesem Gebiet wegen der ideologischen Vorprägung außerordentlich schwer sein wird. Hinzu kommt die Vereinbarung zwischen CDU und CSU, wonach die Partner bei Abstimmungen nicht voneinander abweichen dürfen. Bei der CSU stößt eine solche Öffnung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf äußerste Zurückhaltung. Sie ist in diesen Fragen außerordentlich unerbittlich und hat bislang jede Bewegung bei der Staatsangehörigkeitsregelung mit einem strikten njet beantwortet. Ich glaube nicht, daß der neue Vorschlag innerhalb der Unionsparteien durchsetzbar sein wird.

150 CDU-Bundestagsabgeordnete stellen ein gewaltiges Potential auch innerhalb der Regierungskoaliton dar.

Aber ob diese Zahl stehen wird, wenn es zum Schwur kommt, weiß ich nicht. Die Partnerschaft zwischen CDU und CSU ist in diesen Fragen eben nicht belastbar. Mit dieser Markierung von Positionen durch die Arbeitsgruppe ist der wichtigste Teil zu einer Veränderung des Staatsbürgerschaftsrechts daher noch nicht erreicht. Auch die Schwierigkeiten innerhalb der CDU sind nicht zu unterschätzen. Dort gibt es eine Gruppe, die der politischen Grundauffassung der CSU eher zuneigt als der der konservativ liberalen FDP.

Die SPD hat schon lange Entwürfe zu einem neuen Staatsbürgerschaftsrecht vorgelegt, die sich in Teilen von dem CDU-Vorstoß unterscheiden. Zum Beispiel einen Anspruch auf Einbürgerung nach bereits acht Jahren und die generelle Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft.

Die Fristen sind kein Sakrileg. Sollte sich die CDU bei der Frage der Kinder gewendet haben, würde das den Einigunsprozeß erheblich erleichtern. Wenn die CDU über den Rubikon ihrer ideologischen Vorprägungen gekommen ist, dann sind die Chancen für eine breite Einigung da. Nach meiner Einschätzung gilt das nicht nur für die SPD, sondern auch für andere politische Gruppierungen. Julia Albrecht