„Naturschutz ist uns zu teuer“

■ Nicht nur der Beirat Burglesum verzögert den Naturschutz für das Werderland

Es ist das Bremer Ausflugs- und Naherholungsziel neben dem Hollerland: das Werderland. Als wichtiges Vogelbrutgebiet und Feuchtland steht die Marsch schon seit Jahren unter Landschaftsschutz. Doch der endgültige Naturschutz im Werderland, den NaturschützerInnen seit ewig und drei Tagen fordern, wird politisch verzögert. Während die Erschließung des angrenzenden, neugeplanten Industrieparks West auf 145 Hektar ehemaligem Klöckner-Gelände bereits beginnt, streiten sich die Verfahrensbeteiligten außerdem darüber, wo und wie die von Experten vorgesehenen 200 Hektar Ausgleichsmaßnahmen für das Gebiet stattfinden sollen. „Dabei ist der Naturschutz fürs Werderland im Koalitionsvertrag festgeschrieben und Wirtschaftssenator Perschau hat dem zugestimmt“, empört sich die Grüne Umweltdeputierte Elisabeth Wargalla.

Der SPD-Deputierten Waltraud Hammerström hat man unterdessen beim Wirtschaftssenator bestätigt, daß man hier zur alten Naturschutz-Vereinbarung stehen will. „Sonst muß man auch Klagen der Umweltschutzverbände befürchten“, sagt die SPD-Frau. Ein juristischer Streit koste Arbeitsplätze. „Denn ohne entsprechende Ausgleichsmaßnahmen kann im Industriepark nicht gebaut werden.“ Einen wertvollen Auenwald samt Schwarzkehlchen dürfe man eben nicht durch 5.000 Bäume an der Straße ersetzen.

Trotz eindeutiger Rechtslage haben UmweltfreundInnen zähe GegnerInnen in der Sportbehörde und im Bauplanungsamt ebenso wie im Beirat Burglesum – auch wenn der die geringsten Mitspracherechte in dieser Sache hat. „Im Zweifelsfall muß die Baudeputation am ablehnenden Votum der Burglesumer vorbeisehen“, sagt Wargalla.

„Das würde wohl die Landwirte treffen“, schätzt Ewald Friesen. Das SPD-Beiratsmitglied ist unzufrieden darüber, daß die parteienübergreifende Beiratsmehrheit gegen drei Flächen im Werderland stimmte, die den Verlust an gewachsener Natur auf dem künftigen Industriegelände ausgleichen sollten. „Für manche zählt der Umweltschutz noch immer nichts“, sagt Friesen. Davon zeuge auch die Idee von der Werderlandtrasse aus den 70ern, die im Ortsamt jüngst wieder aufgelegt wurde. „Die müßte ja sehr hoch gebaut werden“, sagt er. „Die Schiffe haben doch Vorfahrt.“

Freie Fahrt fordert auch die Sportlerlobby aus Grambke. Dort brachten die Ruderer eine kecke Idee ins Gespäch: Ein See, der durch Bausandentnahme im Werderland entstünde, könnte als Freizeitgelände richtig aufgepeppt werden, fordern sie. Eine 2.200 Meter lange Strecke nach internationalen Ruderregattamaßen soll ins Vogelschutzgebiet ragen – auch wenn noch niemand weiß, wie sie bezahlt werden könnte. UmweltschützerInnen winken entsetzt ab. „Da wird Verkehr ins Gelände gezogen“, fürchtet Martin Rode vom BUND, der seit Jahren einen Vogelpolder für Piepmätze im Werderland unterhält, damit sich Kiebitze und andere Feuchtbodenbrüter wieder ansiedeln.

Nur Wolfgang Schlosser, CDU-Beiratssprecher in Burglesum, ist zufrieden. Der Naturschutz sei, „mal einfach ausgedrückt, einfach zu teuer.“ Auch solle der Sandentnahmesee keinesfalls rund gebaut werden, er könnte sonst das angrenzende Golfterrain beeinträchtigen – da wäre es doch besser, wenn die zweieinhalb Kilometer-Strecke ins Vogelschutzgebiet rage. „Damit ist es aber noch lange keine Regattastrecke“. ede