Halb Ini, halb Institution

■ Aktionsgemeinschaft arbeitsloser BürgerInnen (Agab) feiert ihren 20. Geburtstag

1996 ist das Jahr der zehnjährigen Jubiläen der einstigen Bremer Alternativszene. Breminale, Modernes, belladonna, taz sind nur einige der Projekte, die 1986 den Schritt in die wirtschaftliche Unabhängigkeit gewagt haben. Eine Bremer Initiative feiert in diesem Jahr allerdings schon ihr 20jähriges Bestehen: die Aktionsgemeinschaft arbeitsloser BürgerInnen, kurz Agab genannt.

Viele MitarbeiterInnen der in den 80er Jahren gegründeten Projekte haben den guten Rat noch in Erinnerung, den ihnen die Agab damals beim mehrmaligen Wechsel zwischen Bafög, Sozialhilfe, ABM-Stelle, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und nochmal ABM gegeben hat. Heute geht der gute Rat der Agab wieder mehr an diejenigen, die sie vor 20 Jahren gegründet haben: Arbeitslose aus den Arbeiterstadtteilen Gröpelingen und Walle.

Drei JuristInnen und eine Pädagogin sind heute bei der Agab in der Waller Grenzstraße 122 hauptamtlich beschäftigt, Sozial- und Arbeitsressort sorgen für die Finanzierung. Zur Hochzeit der ABM-Stellen waren es einmal bis zu neun. Trotzdem ist die Zahl der persönlichen und telefonischen Beratungen mit rund 5.000 im Jahr über die Zeit weitgehend konstant geblieben. „Der Bedarf ist sogar noch größer“, meint die Juristin Gitta Barufke, die seit 1985 bei der Agab berät, „aber mehr schaffen wir einfach nicht.“

Denn neben der persönlichen Hilfe versteht sich die Agab auch als „sozialpolitische Lobby“, die sich in die aktuellen Diskussionen um die Sozialleistungen einmischt. Gleichberechtigt sitzen Agab-VertreterInnen neben den MitarbeiterInnen von DGB, Kirche, Wohlfahrtsverbänden und Kammern am Runden Tisch zur Sozialpolitik. Die „Sozialhilfe-Broschüre“ der Agab wird auch von Beratern anderer Einrichtungen gerne benutzt und weitergegeben. Im Sommer erscheint sie mal wieder in einer überarbeiteten Neuauflage.

„Die Zeiten werden immer härter, und der Ton in den Ämtern wird schärfer“, weiß Barufke aus den vielen Gesprächen. Immer wieder versuchen die Agab-BeraterInnen zwischen Arbeitslosen und Ämtern zu vermitteln. Ihre Dienste werden dabei auch von den Behörden geschätzt. Besonders komplizierte Fälle werden gerne zur Beratung in die Waller Grenzstraße verwiesen.

Die Gründergeneration der Agab, die noch nicht die professionelle Beratung, sondern die politische Selbstorganisation der Arbeitslosen im Sinn hatte, trifft sich heute nur noch bei den Weihnachtsfesten. Trotzdem ist die Agab noch immer „halb Initiative und halb Institution“, wie die Pädagogin Ursula Stieleke sagt, die seit 1989 die Bildungsveranstaltungen der Agab organisiert. Echte Arbeitslose kümmern sich bei der Agab um das für drei Mark angebotene Frühstück und Mittagessen und übernehmen auch mal die Telefonberatung. Ase

Ihren 20. Geburtstag feiert die Agab mit einer öffentlichen Veranstaltung im Bürgerhaus Weserterrassen: Informationen, Musik und Disco, Samstag, 1. Juni, ab 20 Uhr.