Erst gefeuert – jetzt befördert

■ Siegmar Faust zum sächsischen Stasi-Beauftragten gewählt. Er hatte in Berlin KZ-Aufseherin zu Entschädigung verholfen

Berlin (taz) – Der umstrittene Berliner Schriftsteller Siegmar Faust (51) ist gestern vom Sächsischen Landtag zum neuen Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen gewählt worden. In der geheimen Wahl stimmten 64 Abgeordnete für Faust, 46 dagegen und fünf enthielten sich. Faust gilt als Intimus des Landesjustizministers Steffen Heitmann (CDU) und wurde erst vorgestern vom Ministerpräsdidenten Kurt Biedenkopf als offzieller Kandidat vorgeschlagen. Die CDU-Fraktion verfügt im Landtag über 77 Mandate, das heißt, gegen Faust stimmten auch CDU-Abgeordnete.

Die heftigsten Proteste gegen den Kandidaten Faust kamen von der SPD. Der parlamentarische Geschäftsführer Peter Adler nannte als wichtigsten Ablehnungsgrund Fausts Verhalten im Zusammenhang mit der Haftentschädigung für eine ehemalige KZ- Aufseherin (taz vom 1.12.1994). Faust, damals beim Berliner Stasi- Beauftragten beschäftigt, hatte sich für Margot Pietzner als Opfer des Stalinismus eingesetzt und von den 64.350 Mark, die die Frau als Entschädigung erhielt, 7.000 Mark davon als Geschenk angenommen. Dafür wurde er 1994 vom Berliner Stasibeauftragten fristlos gekündigt. „Dieser Vorgang belastet die Person Faust und damit auch das Amt“, erklärte Adler. Obendrein habe Faust zu wenig Distanz zu seinem „eigenen Leidensweg“. Diese sei aber notwenig, um zwischen Tätern und Opfern vermitteln zu können. Faust saß über zwei Jahre wegen „staatsfeindlicher Hetze“ im Gefängnis von Cottbus.

Wie die SPD-Pressestelle der taz mitteilte, sprachen sich auch sämtliche Stasibeauftragten der neuen Bundesländer, sowie Martin Gutzeit vom Berliner Amt gegen den Kandidaten Faust aus. Die Beauftragten der einzelnen Länder seien auf eine „enge Zusammenarbeit“ und ein „gedeihliches Arbeitsklima“ angewiesen. Beides sei mit den Vorgängen, die zu Fausts Entlassung in Berlin führten, nicht gewährleistet. „Wie soll das auch gehen“, fragt sich der Pressesprecher, „jetzt sitzt der damals aus sachlichen Gründen Gekündigte mit Gutzeit gleichberechtigt am Tisch“. Blumen für Faust kamen indes von der sächsichen CDU-Fraktion. Sie wünscht ihm für seine Tätigkeit, „die eine große Sensibilität“ erfordert, viel Erfolg. Anita Kugler