In drei Bundesländern werden morgen neue Parlamente gewählt - Anlaß für Spekulationen in Bonn. Große Koalition, eine Zweckhochzeit von CDU und SPD? Kohl-Vertraute hatten dieses Gerücht gestreut, denn der Kanzler will seinen Partner FDP unte

In drei Bundesländern werden morgen neue Parlamente gewählt – Anlaß für Spekulationen in Bonn. Große Koalition, eine Zweckhochzeit von CDU und SPD? Kohl-Vertraute hatten dieses Gerücht gestreut, denn der Kanzler will seinen Partner FDP unter Druck setzen: In der Haushalts- und Finanzpolitik steht heftiger Streit ins Haus. Wahrscheinlich aber gibt's am Montag...

Kein Aufgebot für die Elefantenehe

Im Bundesrat spricht nun der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg — ja, wer denn? Fritz Kuhn für eine rot-grüne, Walter Döring für eine schwarz-gelbe oder Dieter Spöri für die bekannte schwarz-rote Regierungskombination aus Stuttgart?

Auch in Bonn bleibt die Diskussion über Namen, Prozentpunkte und Kombinationen bis zur Schließung der Wahllokale am Sonntag abend spannend, aber die Entscheidung über die Landtagsmandate gilt längst nicht mehr als „kleine Bundestagswahl“, die in Bonn durchschlagende Wirkung entfalten könnte.

Abgesehen von den Ankündigungs- und Propagandamaschinen stand hier fast alles still. Und die Hoffnung, am Tag nach den Wahlen werde ein frischer Wind durchs Regierungsviertel wehen, treibt nur noch wenige um. Denn nur dann geriete die 14 Jahre alte Regierung in ernsthafte Gefahr, falls der Einzug der FDP in alle drei Landtage scheitern würde. Und trotz vieler Gerüchte drängen in Bonn keine starken Kräfte auf eine Große Koalition.

Dabei meinen auch Finanzexperten der Opposition — selbst solche aus dem Lager der Grünen —, nach einer Bonner Elefantenhochzeit zwischen Union und SPD könne die Sanierung des Haushalts und die Senkung der Lohnnebenkosten glücken. Im Konsens der beiden stärksten politischen Kräfte, so die Überlegung, seien unpopuläre Schnitte besser durchzusetzen als in der gegenwärtigen De-facto-Koalition von Bundeskabinett und SPD-Ministerpräsidenten.

Die Bundesminister klagen lauthals über die Blockade durch die Länder, die Sozialdemokraten werfen der Koalition Versagen vor, lehnen aber deren Kürzungsversuche im Bundesrat ab.

Machtpolitische Interessen zählen mehr als die Sorge um den Standort Bundesrepublik, um die Sanierung des Haushalts oder den sozialen Frieden. Die CSU wacht „wie der heilige Michael mit dem Flammenschwert“ (Außenminster Klaus Kinkel) darüber, daß keine große Koalition ihr politisches Gewicht in Bonn gefährdet. Die harten Töne und die Androhung von Widerstand aus Bayern aber sind gar nicht nötig.

Denn das Gerede über eine Große Koalition beschädigt Kohls Macht nicht, es stützt sie. Bonner Journalisten verfolgten die Entstehung der Gerüchte um die SPD- Union-Zweckehe — und machten Kohl-Vertraute als Quellen aus.

Mit den öffentlichen Planspielen will der CDU-Chef Druck auf die FDP ausüben. Der Union stehen schwere Auseinandersetzungen mit den Liberalen in der Haushalts- und Finanzpolitik bevor. Denn eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gilt als unumgänglich — nur sagt es vor den Wahlen keiner.

Streit mit den Liberalen scheint unausweichlich. Die FDP hat in den vergangenen Monaten so gründlich rechtsstaatsliberale Forderungen abgeräumt, daß nur noch die Senkung der Steuerquote übrigblieb. Ein wenig Druck mit dem Schreckgespenst Große Koalition kann da nur helfen, die Liberalen wieder zu einer gewohnten Übung zu bewegen: umfallen.

Auch ein Blick auf die Kräfteverhältnisse kann die Union nicht dazu bewegen, die SPD ins Kabinett zu holen und die Macht zu teilen. Denn die Sozialdemokraten hätten zum erstenmal nach 14 Jahren wieder die Chance, Regierungsfähigkeit zu beweisen und könnten mit besseren Chancen in die Bundestagswahlen 1998 starten.

Daran hat die CDU kein Interesse. Der Koalitonswechsel wäre nur mit Wolfgang Schäuble zu machen, die Partei würde durch den Machtwechsel durchgeschüttelt. Dazu kommt: Die Unionsminister stünden dann allein einer Front gegenüber, zu der sich ihre SPD-Kollegen mit den SPD-Ministerpräsidenten zusammenschließen könnten. Gegen sie wäre kaum etwas durchzusetzen.

Die Sozialdemokraten bestreiten nicht nur öffentlich, daß sie die Elefantenhochzeit ablehnen. Strategen verweisen darauf, daß eine nun geschlossene Große Koalition vor der Bundestagswahl 1998 kaum mehr Zeit fände, ihre großen Aufgaben zu erledigen: Nach der Einarbeitungszeit bliebe kaum ein Jahr, da der nächste Wahlkampf droht. Da läßt man den Kanzler lieber allein auf dem Paket unerledigter Aufgaben zurück und konzentriert sich auf einen Wechsel im Jahr 1998.

Auf die SPD-Mehrheit im Bundesrat allerdings kann keine Strategie der Sozialdemokratie sicher bauen. Denn Kanzler Kohl und Finanzminister Waigel können sich in den Haushaltsfragen mit den SPD-Ministerpräsidenten einigen. „Man hält sich für erpreßbar“, beschreibt ein Insider die Stimmung in den Bonner Vertretungen SPD- geführter Landesregierungen.

Der Grund: Die Haushaltslage in den Ländern ist so angespannt, daß die Finanzministerinnen und Finanzminister nach jedem Strohhalm greifen müssen, den Waigel ihnen hinhält.

Der Bundesfinanzminister hält zudem einen langen Hebel in der Hand: die Verhandlungen über Vermögen- und Erbschaftsteuer und Ersatzzahlungen für die Länder.

SPD-Strategen denken deshalb schon darüber nach, wie nach den unvermeidlichen Verhandlungen und einer Einigung der Anteil der Sozialdemokratie öffentlich besser verkauft werden kann. Die Meriten der gemeinsam von föderaler SPD-Mehrheit und liberal-konservativer Bundesregierung gestemmten Post- und Bahnreform und für den Solidarpakt hatte sich allein Helmut Kohls Regierung an die Fahnen heften können.

„Nochmals“, so ein SPD-Mann, „wird es das nicht umsonst geben.“ Hans Monath, Bonn