Alles wird gut, oder?

■ Lafontaine und Kohl reden gemeinsam die Krise klein

Die wichtigste politische Botschaft des gestrigen Tages in Bonn ist sehr einfach. Sie lautet: „Alles wird gut.“ Kanzler Kohl und SPD-Chef Lafontaine haben diese Losung fünf Tage vor den Landtagswahlen in getrennten Veranstaltungen ausgegeben. Kohls Bedingung, damit sie sich bewahrheitet: wenn seine Mehrheit stabil bleibt. Lafontaines Bedingung: wenn die Bonner Koalitionsmehrheit dadurch gesprengt wird, daß die Liberalen aus den Landesparlamenten fliegen.

Der Kanzler hat die Haushaltspleite und die Konjunkturaussichten bis an die Grenzen jeder Glaubwürdigkeit heruntergeredet. Lafontaine attackierte das Versteckspiel mit den Haushaltsmilliarden. Damit trifft er den wunden Punkt: Finanzminister Waigels peinlicher Eiertanz bringt längst auch unionsnahe Publizisten und Wirtschaftsexperten um den Schlaf.

Vor den Landtagswahlen am kommenden Sonntag wollte Kohl partout keine Aufklärung geben: Erst entscheiden die „kleinen Bundestagswahlen“ über das Schicksal der FDP, danach erst prüfen die Unionsstrategen, mit wessen Beistand sie die Riesenlöcher im Etat füllen können. Die Wahl der Sanierungsmethode ist eng verknüpft mit der Zukunft der Liberalen, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kategorisch ausgeschlossen haben.

Kohl und Lafontaine treffen sich in ihrem Anspruch, weitgehend schmerzfreie Lösungen für die wirtschaftliche und soziale Krise zu präsentieren. Sie unterschlagen nicht nur, wie sehr Bundesregierung und SPD-Länder gegenwärtig aufeinander angewiesen sind. Sie täuschen auch darüber hinweg, daß die Schere zwischen Gestaltungsanspruch und Handlungsspielraum immer größer wird.

Damit beleidigen sie das Publikum. Unangesprochen bleibt die von immer mehr Menschen geteilte Bereitschaft, bei einem sozial gerechten Sparen Zugeständnisse zu machen. Mehr noch: Die Leute fühlen sich durch die Versprechungen verarscht.

Wird alles gut? Ohne das Bekenntnis zur Notwendigkeit von Einschnitten und zu wahrscheinlichem Wohlstandsverzicht wird gar nichts gut. Es gibt nur wenige Hinweise, daß die Bereitschaft der Politiker zur Aufklärung nach den Landtagswahlen am Sonntag wachsen wird. Die Zumutungen aber kommen bestimmt. Hans Monath