Verkehrsverwaltung überfährt das Parlament

■ Trotz gegenteiligen Parlamentsbeschlusses wieder ein Avusrennen genehmigt

Schon wieder ein Avus-Crash: Die Verkehrsverwaltung hat ein Avus-Rennen genehmigt, obwohl damit eigentlich Schluß sein sollte: Nachdem der britische Rennfahrer Keith Odor am 11. September 1995 beim Avusrennen tödlich verunglückt war, hatte eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus den Senat aufgefordert, dort keine Rennen mehr zuzulassen. Doch nun soll das ADAC-Frühjahrsrennen am 20. und 21. April stattfinden, als sei nichts gewesen.

Die Avus sei durchaus für solche Rennen geeignet, so Sabine Wolff von der Verkehrsverwaltung. Die Oberste Nationale Sportkommission habe bescheinigt, daß die Strecke für den Tod des Rennfahrers nicht verantwortlich gemacht werden könne. Unfallursache seien wohl technische Fehler gewesen. Weil damit dem Beschluß des Abgeordnetenhauses „die Grundlage entzogen“ worden sei, sei das Frühjahrsrennen genehmigt worden.

Für die Justiz scheint die Todesursache dagegen nicht so klar festzustehen. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachtes auf fahrlässige Tötung gegen die Veranstalter des Rennens ist noch nicht abgeschlossen. „Es stehen noch einige Gutachten aus“, so Justizsprecher Reiff. Die bisherigen Ermittlungen richteten sich laut Wolff vor allem gegen den toten Fahrer selbst und nicht gegen die Verantwortlichen für die Rennstrecke. „Die Verkehrspolitik der Großen Koalition geht über Leichen!“ schimpfte der verkehrspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Michael Cramer. Jedes der drei letzten Avusrennen sei von einem Unfall überschattet worden. Die Avus sei eine Stadtautobahn und keine Rennstrecke, Fahrer und Zuschauer seien „extrem gefährdet“.

Selbst der ADAC scheint diese Gefahren zu ahnen. Obwohl die Avus angeblich sicher ist, werden jetzt die Kurven verengt, um die Strecke zu verlangsamen. Ute Scheub