■ Was bringt der Kompromiß zur Konzentrationskontrolle?
: Ein Kartellamt für die Medien

Wenn alle Beteiligten mit einem Kompromiß rundum zufrieden sind, ist gemeinhin Vorsicht geboten. In diesem Fall sind es die Ministerpräsidenten der Länder, die sich nach langem Gezerre darauf geeinigt haben, wie künftig „vorherrschende Meinungsmacht“ beim privaten Fernsehen verhindert werden soll. Aus der Zufriedenheit spricht vor allem Erleichterung, daß man überhaupt zu Potte gekommen ist. Die Regelung im bisherigen Rundfunkstaatsvertrag hatte sich als unpraktikabel erwiesen, und über neue Regeln der Konzentrationskontrolle gingen die Vorstellungen weit auseinander. Vor allem zwischen solchen Landesregierungen, die die Medien eher als Wirtschaftsfaktor sehen – voran Bayern und NRW –, und jenen, die die Expansion der beiden Medienkonzerne Kirch und Bertelsmann begrenzen wollten.

Der jetzige Kompromiß hat für beide Seiten Risiken. Stoiber und Clement werden sich mit den Medienkonzernen freuen, daß eine marktbeherrschende Stellung künftig erst dann angenommen wird, wenn ein Konzern 30 Prozent des „Zuschauermarktes“ erobert hat. Eine Entflechtung bestehender Senderketten ist damit vom Tisch. Doch das zu akzeptieren fiel auch denen nicht allzu schwer, die, wie Heide Simonis, lange Zeit eine Einigung auf dem dereguliertesten gemeinsamen Nenner blockiert hatten. Ein praktikables, unkompliziertes Modell hatten nämlich auch sie nicht anzubieten. Und so steuerten sie schließlich, ganz pragmatisch, darauf zu, die Konzentrationskontrolle eher qualitativ als quantitativ zu betreiben.

Immerhin haben sie jetzt durchgesetzt, daß eine unabhängige Kommission ähnlich dem Kartellamt geschaffen wird. Sie kann den Medienkonzernen auch ohne bestimmten Marktanteil einen Riegel vorschieben: dann nämlich, wenn der gleichzeitige Besitz von TV-Sendern, Printmedien und Filmrechten die Meinungsvielfalt bedroht. Außerdem sollen wirtschaftlich unabhängige Fensterprogramme (wie heute z. B. „Spiegel TV“ und „Stern TV“) allen Sendern aufgedrückt werden, die über zehn Prozent Zuschaueranteil erreichen – etwa soviel, wie Pro 7 heute hat.

Doch die Erwartung, daß die neue Kommission die Meinungsvielfalt besser kontrolliert, bleibt vorerst ein „Prinzip Hoffnung“. Viel wird von deren Zusammensetzung abhängen. Werden dort Wirtschaftsrechtler sitzen, für die Medien nur ein Wirtschaftsgut sind, oder Verfassungsjuristen, die die besondere Rolle der Medien für die Meinungsvielfalt über die Wirtschaftsfreiheit stellen? Das Tauziehen unter den Ländern könnte von vorne losgehen. Michael Rediske