Nachgefragt
: „Bausenator Schulte hat total versagt“

■ Dieter Focke, Baupolitiker der CDU-Bürgerschaftsfraktion, zur Linie 4

Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Dieter Focke ist baupolitischer Sprecher seiner Fraktion und stellvertretender Vorsitzender der Baudeputation.

taz: Der Senat hat beschlossen, mit dem Bau der Straßenbahnlinie 4 sofort zu beginnen und erst später zu klären, wo ihr zweiter Abschnitt zwischen Horn und Borgfeld verlaufen soll. Können Sie mit diesem Beschluß leben?

Dieter Focke: Nein, ich halte das für völlig unsinnig. Ohne den zweiten Bauabschnitt gibt es keine Bundesmittel und dann ist das ganze Projekt nicht finanzierbar.

Der Senat hat das einstimmig beschlossen.

Für mich wird das nicht dadurch verständlicher, daß die Senatoren meiner Partei zugestimmt haben. Wenn jetzt nämlich mit dem ersten Bauabschnitt begonnen wird bevor der zweite definiert ist, wird das am Ende zwangsläufig dazu führen, daß die Linie 4 wie ursprünglich von der Ampel geplant über den Langen Jammer geht. Und das wollen wir nicht.

Warum zwangsläufig?

Weil es keine Einigung auf Alternativen gibt.

Die Entlastungsstraße durch das Naturschutzgebiet Hollerland halten Sie nicht für realistisch?

Ich selber halte sie schon für realistisch. Denn damit könnte der Durchgangsverkehr aus dem Umland direkt auf den Autobahnzubringer abgeleitet werden. Ich sehe das Naturschutzgebiet im Hollerland nicht als so wertvoll an. In den nächsten Jahren wird es dort sowieso eine zwangsläufige Erweiterung des Technologieparks geben. Aber die SPD wird diese Straße in jedem Fall blockieren. Und wenn diese Alternative wegfällt, dann muß ja die Linie 4 in den Langen Jammer.

Der Bausenator hat in dieser zentralen Frage versagt?

Ja, total.

Ist es dann nicht Zeit zurückzutreten?

Ich halte Schultes Verhandeln für außerordentlich ungeschickt. Man hätte standfest und hart bleiben müssen. Es ist eine einzige Eierei, was wir da in den letzten Monaten erlebt haben. Und es ist nichts dabei herausgekommen.

Dann müßten Sie doch eigentlich sagen: Mit Schulte geht es nicht.

Noch kenne ich den Senatsbeschluß im Wortlaut nicht. Zur Frage des Rücktritts möchte ich keine Stellungnahme abgeben.

Als baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion sind Sie doch auf die Zusammenarbeit mit dem Bausenator angewiesen. Wie soll das noch gehen, wenn Sie in der wichtigsten Frage der letzten Monate dermaßen auseinanderliegen?

Das sind ja nicht nur wir beide. Wir haben eine ganz deutliche Absprache in der Fraktion, daß es den ersten Bauabschnitt nicht geben kann bevor der zweite fest definiert ist. Jetzt hat Senator Schulte gegen die gesamte Fraktion und den Landesvorstand agiert. Das ist schon ein dolles Ding. Die Gremien werden sich jetzt damit zu befassen haben.

Den Baubeginn der Linie 4 können Sie aber nicht mehr verhindern...

Es kann höchstens nochmal der Koalitionsausschuß einberufen werden. Wir müssen das in der Fraktion beraten. Die Situation ist für uns außerordentlich mißlich.

Fragen: Dirk Asendorpf