Leise Ölpest auf See Hollerland-Straße empört

■ Länder sollen Schiffsöl wieder entsorgen SPD-Ortsverein findet zweispurigen Langen Jammer breit genug

Entsorgung ist eine teure Sache. Zu teuer, meinen die deutschen Küstenländer – und beteiligen sich deshalb immer weniger an den Kosten. War die Altölentsorgung von Schiffen in den Häfen zwischen 1988 und 1991 dank eines Pilotprojektes des Bundes für Schiffseigner ganz oder teilweise kostenlos, ist damit spätestens seit 1994 Schluß. Der umsatzstarke Hamburger Hafen ging den ersten Schritt. Dort werden nur noch 1.600 Mark der Entsorgungskosten übernommen, die je nach Schiffsgröße bis zu 7.000 Mark betragen können. Bremen folgte im Januar dieses Jahres mit der völligen Streichung aller Mittel für die Schiffsölentsorgung – und spart damit knapp vier Millionen Mark jährlich. „Da macht Niedersachsen nicht mehr lange die Ausnahme“, befürchten Umweltschützer nun auch dort das Ende der kostenlosen Entsorgung. „Das ist Mord auf Raten“ für das Ökosystem Meer, warnt Stephan Luther vom World-Wide Fund. Denn: auch Schiffseigner wollen sparen.

Die würden ihren Dreck künftig lieber kostenlos ins Meer statt in die Röhre eines teuren Entsorungsunternehmens leiten, fürchtet auch Peter Willers von der Aktionskonferenz Nordsee. Ihm gegenüber habe noch jeder Kapitän zugegeben, daß Öltagebücher gefälscht werden, oder daß das Öl über extra gelegte Röhrensysteme ins Meer geleitet werde. Die Überwachung von Umweltsündern auf offener See gilt als extrem schwierig.

Entsprechend schwierig gestaltet sich auch der Nachweis über den Umfang derartiger Ölschmierereien. Umweltschützer und staatliche Stellen rechnen sie anhand von toten Seevögeln hoch, deren Todesursache Ölverschmutzung war. Seit 1994 registrierte das Staatliche Amt für Insel- und Küstenschutz eine Zunahme von über zehn Prozent sogenannter „Verölungsfälle“ bei Vögeln. „Das ist die Konsequenz der Abschaffung der kostenlosen Altölentsorgung 1994 in Hamburg“, sagen die Umweltschützer. Um rund 10.000 Kubikmeter hat die Entsorgungsmenge danach abgenommen. Drastischer sei die Situation in Bremerhaven: Dort beklagt der Allein-Entsorger der letzten drei Jahre, die Ölentsorgungsfirma Spitzmacher, einen Rückgang an Entsorgungen um 50 Prozent seit Jahresbeginn 1996.

„Illegale Öleinleitungen in die Nordsee werden wieder zum Normalfall“, schließt der Bund für Umweltschutz daraus. „Die Küstenländer müssen wieder ihren Verpflichtungen zur Altölentsorgung nachkommen, notfalls im deutschen Alleingang.“ Andernfalls bewirke der jährliche Altöleintrag im Meer eine Ölverschmutzung, die den Tankerunfall von Wales deutlich in den Schatten stelle. ede

Eine „umweltpolitischer Zumutung“ nennt Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) den Vorstoß von Bausenator Bernt Schulte (CDU) für eine neue Straße durchs Hollerland. Offenbar wolle der Bausenator ein Naturschutzgebiet opfern, um seine innerparteilichen Schwierigkeiten zu überwinden, entrüstete sich die Koalitionspartnerin Wischer. Das Projekt „Linie 4“ solle wohl wieder niedergemacht werden, obwohl es im Koalitionsvertrag bereits fest vereinbart wurde.

„Wir vertrauen auf Ihren Einfluß, daß mit dem Bau der Linie 4 nunmehr ohne neue Planspiele begonnen wird“, empörten sich nun auch die SPD-Ortsvereine Horn-Achterdiek/ Horn-Lehe und wandten sich eindringlich an Bürgermeister Henning Scherf. Man habe für das Hollerland als Naturschutzgebiet gekämpft. Außerdem hätten sich die Ortsvereine wiederholt von „versierten Verkehrsingenieuren“ erläutern lassen, daß der „Lange Jammer“ auch zweispurig ausreiche. Denn man könne durch intelligenten Ausbau der Verkehrsknoten und eine verkehrsgerechte Ampelsteuerung die Kapazität der verbleibenden zwei Fahrspuren erheblich erhöhen.

Niemand wolle die Autofahrer schikanieren, so die Ortsbeiräte. Sämtliche Fachleute würden jedoch die Straßenbahn auf langer Strecke als einzige Entlastungsalternative empfehlen, man möge sie doch nun endlich bauen.

Dieser Meinung ist auch Bernd Richter, Geschäftsführer des Vereins Haus und Grund Bremen. Richter spricht jedoch im gleichen Atemzug vom „mutigen Schritt des Bauressorts“. Mit der Linie 4 und einem nur zweispurigen „Langen Jammer“ komme eine erhebliche Verkehrsbelastung auf Horn und Oberneuland zu – und zwar auch Schwerlastverkehr, „der sich dann durch enge Wohnstraßen wie Lehester Deich und Apfelallee quält und in langen Schlangen vor dem Bahnübergang Oberneuland zum Stoppen kommt.“ Auch könne nicht erwartet werden, daß LilienthalerInnen erst mit dem Bus fahren, um dann in die Linie 4 zu steigen. sip