Wer ist dein Freund?

■ Online 96: Es ist nicht leicht, auf Draht zu sein

Sind Sie immer noch nicht online? Dann aber hurtig ins Netz und aufgepaßt, was Sie dort alles erleben können. Für Manager, die das Hohe Lied der Vernetzung singen, sich aber unter dem Internet immer noch eine Art elektronischen Otto-Katalog vorstellen, gab's diese Woche die „Online 96“ – laut Pressetext die „Congressmesse Nr. 1 in Deutschland“. Da wurden so spannende wie innovative Fragen aufgeworfen wie: „Ist es ein Aufbruch ins Multimedia-Zeitalter?“, und gibt es für läppische 800 Mark eine kleine Einführung ins „Netz der Netze“.

Im CCH versammelten sich wichtig wirkende Herren und einzelne Damen, um zum Beispiel einem Herrn Drespling von Sun Microsystems zu lauschen, der Java – sprich: „Dschawa“ –, die neueste Wunderwaffe im Softwarebereich, vorstellen will. Doch ehe Herr Drespling verrät, daß Java ein Slangausdruck für „heißer Kaffee“ ist, erklärt er, jeder gute Vortrag beginne mit einer kleinen Geschichte. Also erzählt er von der kleinen Schwalbe, die den Aufbruch in den Süden verpaßt hat und im harten Winter in einem warmen Kuhfladen landet. Dort beginnt sie, weil ihr so wohlig ist, zu singen. Das hört die Katze, die die Schwalbe aus dem Kuhfladen zieht und verspeist. Merke, sagt uns der nette Herr Drespling, „wenn du schon in der Scheiße sitzt, solltest du nicht singen – und nicht jeder, der dich aus der Scheiße rauszieht, ist auch dein Freund“.

Dann spricht Herr Drespling, der so viel mit Computern kommuniziert, daß er weder richtig Deutsch noch Englisch kann, über „software crisis“ und darüber, daß Dschawa eine Computersprache ist, die irgendwann meinen PC und die aller Anwesenden überflüssig machen wird. Dazu benutzt er Overheadfolien und so sinnige Sätze wie „Just the facts“ oder: „What is Java?“

Leider gibt's technische Probleme, als Herr Drespling das sagenhafte Dschawa vorführen will. Und leider, leider versäumt er auch zu erklären, was das alles mit der kleinen Schwalbe zu tun hat. Gelernt haben wir trotzdem eine Menge. Merke: Wenn du einen Vortrag hälst, solltest du auch was zu sagen haben – und: Nicht jeder, der dir heißen Kaffee verspricht, serviert ihn dir auch. Diemut Roether