Kampf mit der blauen Soße

■ Links ist bekanntlich da, wo das bessere Produkt rechts ist. Oder: Warum die herkömmliche Binde nach dreißig Waschgängen immer noch durchnässen muß

Niemand mag sie. Und trotzdem sind sie überall. Sie sind weder witzig noch spannend. Und trotzdem gelten sie als Maß aller Dinge. In jedem dritten Werbespot müssen wir ihnen zuschauen, wie sie „Tatsächlich! Mit Ariel Futur ist meine Bluse überhaupt nicht mehr knibbelig“ kreischen. Oder gar „Mit o.b. fühle ich mich wirklich sicher!“

Man möchte es nicht für möglich halten: „Unbedarfte Verbraucherinnen“ zeigen sich immer noch völlig unbeindruckt von jeder werberischen Produktbotschaft und sind in ihrem Kaufverhalten also ekelhaft ahnunglos. Wie ist es zu erklären, daß ausgerechnet diese Spezies seit 35 Jahren unsere Fernsehwerbung verpestet?

Uns interessiert die Meinung dieser Frolleins doch überhaupt nicht! Sie hat uns auch noch nie interessiert. Trotzdem scheinen die Macher unserer Fernsehwerbung anzunehmen, daß wir ihre Spots nur dann leiden mögen, wenn darin mindestens drei unbedarfte Verbraucherinnen vor unseren Augen bestätigen, daß der eine Wäschestapel („Rechts: das neue Lenor Sommerfrisch!“) trotz fettiger Bratenflecke sauberer geworden ist als der andere Wäschestapel („Links: ein herkömmliches Waschmittel“)!

Und überhaupt – immer diese ewigen und langweiligen Vergleichstests: rechts die „Always- dry-weave“, links eine herkömmliche Binde. Rechts: „Dr. Best“ Schwingkopf, links eine herkömmliche Zahnbürste. Rechts die Pfanne von Villeriba, links eine herkömmliche Pfanne. Die Pfanne von Villerbacho nämlich. Und die wurde natürlich unbedarfterweise nur mit einem „herkömmlichen“ Spülmittel gespült.

Merke: „Herkömmliche Spülmittel“ sind alle Spülmittel, die nicht „Fairy-Ultra“ heißen. Und merke zusätzlich: Alles, was „herkömmlich“ ist, zeigt uns die Fernsehwerbung auf der linken Seite des Bildschirms. Immer! Das ist so langweilig und sicher wie das Amen in der Kirche oder die Verbraucherin in der Vizir-Ultra-Werbung! Wahrhaftig war das schon 1960 so, als „Omo“-Reporter Dietmar Schönherr noch „unterwegs im Ruhrgebiet“ war, um sich von Hausfrauen sagen zu lassen, daß das rechte Kleid „auch nach 30mal waschen“ immer noch schöner sei als das linke Kleid.

Wer das nicht glauben will, der kann es sich angucken: Das Deutsche Werbemuseum e.V. Frankfurt hat anläßlich der Ausstellung „50 Jahre Werbung in Deutschland“ die 167 prägendsten Werbefilmchen auf Video gepreßt. Und was sehen wir da beim Abspielen? Zwischen 1945 und 1995 fast kein Unterschied! Immer dieselben öden Vergleiche mit dem „Herkömmlichen“, immer dieselben öden Verbraucherinnen mit dem unbedarften Zahnpastalächeln. Muß das ewig so weiter gehen?

Anders ging's doch auch. Wer ein bißchen aus der Reihe tanzt, kann sogar Sprachtrends setzen: Fragen Sie doch mal Ihren Nachbarn, ob sein Auto neu ist! Was kriegen Sie zur Antwort? „Nein, mit Perwoll gewaschen, höhö!“ Und was sagt die Hausfrau, wenn sie fleckige Gläser sieht? Genau: „Huch! Gleich kommt mein Nachbar!“ Honorieren wir originelle Werbung, sonst setzt uns das Fernsehen im neuen Jahr womöglich noch „Rechts: den großen Schwarm der Hausfrauen, links: einen herkömmlicher Nachbar“ vor. Frank M. Ziegler