Weihnachtsochsen bleiben ungeschlachtet

■ „Fleischerei Ökodorf Brodowin“ macht zum Jahresende dicht, weil die Nachfrage nach Ökofleisch nicht ausreichte. Naturkostläden bleiben bei ihren West-Lieferern

Trotz Rinderwahnsinn und Hormonfleischskandalen: Die BerlinerInnen essen zu wenig Ökofleisch – jedenfalls in den Augen der „Fleischerei Ökodorf Brodowin“. Die GmbH in dem 60 Kilometer nordöstlich von Berlin gelegenen Örtchen Brodowin muß zum Jahresende dicht machen, weil ihr Absatz auf den Berliner Ökomärkten zu gering war. „Von 30 oder 40 Kilogramm Rindfleisch habe ich oft die Hälfte wieder nach Hause genommen“, berichtet ihr Geschäftsführer Helmut Cudok.

Die Brodowiner Fleischerei war auf die Ökomärkte angewiesen, weil sie ihre Produkte nicht in normalen Metzgerläden verkaufen wollte. „Ökofleisch sollte man nicht gemeinsam mit konventioneller Ware anbieten, außerdem wollen viele Fleischer unsere höheren Abnehmerpreise nicht bezahlen“, so Geschäftsführer Cudok. Und in vielen Naturkostenläden scheiterten die Alternativfleischer, weil diese ihre alteingesessenen Lieferanten aus Westdeutschland nicht verprellen wollten. Also blieb ihnen nur die kleine Stammkundschaft, die auf den Ökomärkten oder dem hofeigenen Fleischerladen einkaufte.

Der Flecken Brodowin hatte bereits kurz nach der Wende seine eigene Wende zum Ökodorf vollzogen. Die dortige frühere LPG, jetzt „Ökodorf Brodowin Landwirtschafts GmbH & Co KG“, ist inzwischen ein Demeter-Betrieb und vertreibt Abokisten mit Gemüse, Kartoffeln und Milchprodukten. Brodowiner Ökomilch ist seit neuestem als eigene Marke zu haben. Doch der Fleischerei, die mit der Agrargenossenschaft formal nichts zu tun hat, nützt das alles nichts mehr.

„Der Markt ist begrenzt und schwierig“, findet auch Robert Niebach von „der alternativen Fleischerei Südstern“. Zwar steige die Kundschaft parallel zur Höhe der Schlagzeilen über „wahnsinnige“ Kühe an, doch irgendwann setze auch wieder das kollektive Vergessen ein. Letztlich entscheide sich alles an der Qualität: „Wenn die Wurscht nicht schmeckt, dann schmeckt sie eben nicht.“ Niebach ist stolz darauf, daß sein Betrieb vom Feinschmecker-Magazin zu einer der 500 besten Metzgereien Deutschlands gekürt wurde und „überhaupt die einzige Bioland-Fleischerei in Berlin ist“. Das von anderen Metzgern als Alternative gepriesene „Neuland-Fleisch“ sei kein echtes Ökofleisch, weil die Viecher zwar artgerecht gehalten, aber mit konventionellem Futter versorgt werden. Öko-Gänse oder schlesische Weihnachtsbratwürste könnten die nicht bieten. Ute Scheub