■ Pro7 zieht beleidigt weg aus Schleswig-Holstein
: Ministerpräsidenten aller Länder ...

Wer mit Rundfunk und Information sein Geld verdiene, müsse sich staatliche Kontrolle gefallen lassen – oder er solle lieber Yoghurt produzieren. Der kesse Spruch stammt von Heide Simonis, Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, und zielte auf den Sender Pro7. Der hat in ihrem Land nämlich seine Lizenz erworben – umstritten wegen des Miteigentümers Kirch junior. Oder besser, er hatte dort seine Lizenz. Denn statt in die Yoghurtbranche abzuwandern, setzte er sich nach Berlin ab, nachdem Simonis und ihre Kieler SPD am Mittwoch ein neues Mediengesetz durch den Landtag gebracht haben.

Dieses Gesetz mag zwar ein wenig kompliziert sein da, wo es um die Kontrolle von Machtkonzentration im Fernsehwesen geht. Aber das wirksam zu regeln ist eben kompliziert – jedenfalls wenn Medienmacht tatsächlich beschränkt werden soll und man nicht nur (wie die CDU und auch Nordrhein-Westfalen) eine Höchstgrenze von 30 Prozent Marktanteil einführen will, die ohnehin kein Konzern erreichen wird.

Reden wir Klartext, ohne Angst vorm schwarzen Mann: Keiner der großen Massensender, ob RTL oder Sat.1, wird uns morgen die Meinung seiner Eigentümer als alleinseligmachende aufdrängen. Doch Meinungsfreiheit wird in Zukunft immer mehr auch im freien (und erschwinglichen) Zugang zu den neuen Medien bestehen. Und da verbünden sich die großen Medienkonzerne in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit zu neuen Konglomeraten. Kirch mit Silvio Berlusconi und Johann Rupert, Bertelsmann mit der CLT und Canal+ – und die amerikanischen Konzerne untereinander sowieso.

Die Medienanstalten der Bundesländer sind mit solchen Strukturen deutlich überfordert, die Standortkonkurrenz ihrer Regierungen tut ein übriges. Und wer bestimmten Regelungen ausweichen will, wie Pro7 jetzt der auf Thomas und Leo Kirch gemünzten „Angehörigenklausel“ im neuen Kieler Gesetz – der geht halt woanders hin. Abhilfe kann hier nur der neue Rundfunkstaatsvertrag schaffen, über den nächste Woche verhandelt wird. Und dann kommt es nicht nur darauf an, daß sich die Länder einigen. Der kleinste gemeinsame Nenner würde nämlich die Konzentrationskontrolle de facto beenden. Dagegen hat Simonis, deren meerumschlungenes Land als wichtiger Medienstandort ohnehin keine Chance hat, ein Zeichen gesetzt – und einen Sender verloren. Michael Rediske