Joschka Fischer ist der wahre Internationalist

■ Der grüne Fraktionschef weist die Kritik an seiner Bosnienpolitik scharf zurück

Bonn (taz) – Der Brief enthält starken Tobak und endet „mit internationalistischen Grüßen“. In einer gepfefferten Replik auf die innerparteiliche Kritik an seinen Bosnien-Schlußfolgerungen hat Joschka Fischer gestern prominenten linken Grünen vorgeworfen, sie entfernten sich von der Tradition der demokratischen Linken. Durch ihr Festhalten am „Dogma der jederzeitigen Gewaltfreiheit“ redeten sie einem „kruden Isolationismus“ in der Außenpolitik das Wort.

Wenige Tage vor dem Bremer Parteitag der Grünen läßt der Ton der innerparteilichen Auseinandersetzung um militärische Einsätze an Schärfe nichts zu wünschen übrig. Erst am Wochenende hatte Parteisprecher Jürgen Trittin Fischer „Klimavergiftung“ vorgeworfen. Trittin, Fraktionssprecherin Kerstin Müller, Ludger Volmer und Claudia Roth hatten dem Fraktionschef zudem in einem Schreiben vorgehalten, er gefährde mit seiner Politik Grundprinzipien der Grünen.

Bei seinen vier KritikerInnen sieht Fischer nun Geschichtslosigkeit in der Argumentation und die Wiederbelebung alter Feindbilder („Verschwörung des altbekannten US-Imperialismus“). „Ihr laßt wirklich keine finstere Absicht aus, und sei sie noch so klein und auch noch so mühselig verschwörungstheoretisch konstruiert“, schreibt der Fraktionssprecher und fragt: „Oh, Leute, glaubt Ihr diesen Schmarrn denn wirklich?“

Für seine eigene, nach dem Fall von Srebrenica formulierte Position reklamiert Fischer die Tradition der internationalen Solidarität der demokratischen Linken. Im Konflikt zweier grüner Grundwerte, nämlich Gewaltfreiheit und Solidarität für Opfer von Gewalt, müsse „im äußersten Falle militärische Hilfe“ zum Überleben gewährt werden. Den KritikerInnen wirft Fischer auch vor, sie interpretierten seine Forderung nach einer Interventionspflicht der Völkergemeinschaft im Falle von Völkermord falsch. So habe er nirgendwo „von einer umfassenden militärischen Interventionspflicht“ gesprochen, sondern Militärinterventionen nur für wenige Fälle eingeklagt. Wer sich als Grüner aber gegen eine Interventionspflicht ausspreche, wende sich gegen den Inhalt der UN-Konvention gegen Völkermord.

Auch Ludger Volmer keilte gestern zurück: Er nannte Fischers Brief „wüstes Geschwalle“ und sprach von einem „utopischen, weltfremden Konzept“. Mit Blick auf den Parteitag meinte Volmer: „Seine absehbare Niederlage von Bremen überschreit er mit wüster Rhetorik.“ Hans Monath