Zurück zur Sache!

■ Die grüne Bosnien-Debatte droht zu verkommen

Monatelang haben die Grünen sich um den Beweis bemüht, daß ohne sie die seit langem wichtigste außenpolitische Debatte keinen Ort gehabt hätte: Es gab schlicht keine andere deutsche Partei, in der die Diskussion um die Legitimität militärischen Schutzes für die Opfer eines Völkermords grundsätzlicher und offener geführt worden ist als bei den Bündnisgrünen.

Diese Debatte haben die Grünen stellvertretend für das Spektrum der demokratischen Linken geführt. Denn die Sozialdemokraten haben sich, lange gelähmt durch ihre Führungskrise, keiner offenen Auseinandersetzung um diese Frage, die nicht nur Politikerinnen und Politiker beschäftigt hat, gestellt. Zudem haben die Sozialdemokraten nun mit Oskar Lafontaine einen neuen Vorsitzenden gekürt, der schlicht das Problem leugnet, das nach dem Sturm auf Srebrenica Joschka Fischer zum Handeln trieb.

Damit bleibt der Chef der Sozialdemokraten sogar weit hinter dem Diskussionsstand der Linken bei den Grünen zurück, die wie die Realpolitiker ihrer Partei einen Konflikt von Grundwerten akzeptieren, aber nach dem Abwägen der Risiken zu anderen Lösungen kommen. Den schwelenden Konflikt zwischen Fraktions- und Parteichef haben die Sozialdemokraten in Mannheim unter einem Formelkompromiß vergraben – und damit wahrhaftig nicht die Hoffnung geweckt, daß sie überzeugender als die Grünen darüber reden können, wann das Prinzip Gewaltfreiheit dem Prinzip der Hilfe für von Vernichtung bedrohte Menschen weichen muß.

Um so wichtiger ist eine an der Sache orientierte Grünen-Diskussion um Bosnien. Jetzt aber droht dieser Streit wieder in eine Auseinandersetzung um Parteistandpunkte abzusinken. Wo Fischer (laut Trittin) angeblich für „Klimavergiftung“ verantwortlich ist und die Linken (laut Fischer) im „blanken Zynismus“ zu enden drohen, geht es nicht mehr um das Werben für den eigenen Standpunkt. Da ist die Sache längst entschieden.

Zudem müssen beide Seiten aufpassen, daß sie nicht überziehen: Die linken Kritiker Fischers wissen zu gut, was sie an ihm haben, und betteln schon morgen wieder um Wahlkampfauftritte des angeblichen Parteischädlings. Umgekehrt darf der grüne Star große Teile seiner Partei nicht öffentlich als Spinner abmeiern, auch wenn die Mehrheiten nach wie vor für weltfremde Positionen stehen. Deshalb die dringende Bitte: Diese Auseinandersetzung geht nicht nur die Bündnisgrünen an. Zurück zur Sache! Hans Monath