Kartellamt gegen Stadtwerke-Verkauf stornieren

■ PreAG soll einen Teil ihres 24,9-Prozent-Anteils wieder abgeben / Präzedenzverfahren erwartet

Gleich nach Weihnachten bekommt der Bremer Finanzsenator unangenehme Post aus Berlin. Darin befindet sich eine Abmahnung des Bundeskartellamts. Im Visier haben die obersten deutschen Wettbewerbshüter den Verkauf von 24,9 Prozent der Bremer Stadtwerke an die Veba-Tochter Preußen-Elektra. „Wir wollen den Verkauf untersagen und die PreAG anweisen, Anteile zu verkaufen“, kündigte der zuständige Referent im Bundeskartellamt, Klaus Wieneke, gestern gegenüber der taz an.

Damit bestätigt sich eine Absicht des Kartellamts, die bereits im Sommer bekannt geworden war. Eine sofortige Wirkung hätte die Abmahnung aus Berlin allerdings nicht. Die Stadt Bremen und die beteiligten Unternehmen bekommen zunächst eine Frist zur Stellungnahme. Danach könnte ein Rechtsstreit beginnen, der bis zu einer abschließenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs ungefähr zwei Jahre dauern würde. Beide Seiten haben offenbar Interesse an einer solchen grundsätzlichen Klärung und bereiten sich seit Monaten auf das Gerichtsverfahren vor.

Erst seit 1990 kann das Bundeskartellamt überhaupt gegen wettbewerbswidrige Zusammenschlüsse vorgehen, bei denen der erworbene Besitz an einem Unternehmen unter 25 Prozent bleibt. Bislang ist ein solcher Fall noch nie bis hin zum Bundesgerichtshof entschieden worden. „Wir wollen den Verkauf der Bremer Stadtwerke zum Präzedenzfall machen“, erklärte der Kartellamt-Referent Wieneke gestern. Er sieht dabei vor allem deshalb gute Erfolgsaussichten, weil die Bremer Stadtwerke mit ihrer hohen Stromproduktion im klaren Wettbewerb zur PreAG stehen, die im Bremer Umland das Stromerzeugungsmonopol hält. Ein solcher Wettbewerb findet zwar bisher durch Gebietsschutzverträge gar nicht statt, „im Prinzip müßte er aber möglich sein“, meint Wieneke. Durch den Einstieg der PreAG bei den Bremer Stadtwerken würde ein Wettbewerb auf jeden Fall auch in der Zukunft stark eingeschränkt.

Doch nicht nur das Bundeskartellamt, auch der Veba-Konzern hat ein Interesse, das Wettbewerbsrecht am Bremer Beispiel grundsätzlich zu klären. Im Stadtwerke-Kaufvertrag hat sich die PreAG deshalb gegenüber der Stadt Bremen verpflichtet, „alle Risiken aus einem Kartellverfahren“ zu übernehmen. Und das, obwohl bereits Monate vor dem Verkauf durch ein Gutachten des langährigen Leiters der Energieabteilung des Bundeskartellamtes, Prof. Siegfried Klaue, die Bedenken an dem Einstieg der PreAG aktenkundig waren. Die „bestehende Marktbeherrschende Stellung der PreAG“ werde dadurch verstärkt, schrieb Klaue damals, eine Untersagung des Zusammenschlusses sei „mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten“. Das Gutachten war im Auftrag der Grünen angefertigt worden.

Bei einem Sieg des Bundeskartellamts in letzter Instanz müßte die PreAG einen Teil ihrer Anteile wieder verkaufen. Interesse haben für diesen Fall bereits die beiden anderen neuen Stadtwerke-Aktionäre Ruhrgas und Tractebel geäußert.

Ungeachtet des drohenden Kartellverfahrens hat Finanzsenator Ulrich Nölle in der vergangenen Woche vor der Finanzdeputation den Stadtwerke-Verkauf an die PreAG hochgelobt. Er werde es ermöglichen, den Überschuß der Stadtwerke von zur Zeit 34 Millionen Mark auf 70 Millionen Mark im Jahr 1998 zu erhöhen. Als Grund nannte Nölle unter anderem „Synergieeffekte im Energieverbund“, also Vorteile aus dem Ausschalten des Wettbewerbs zwischen PreAG und Stadtwerken.

Nölles Vorlage für die Finanzdeputation gibt gleichzeitig allerdings auch Auskunft darüber, daß Bremen von dem erwarteten Wachsen der Stadtwerke-Überschüsse weit weniger bleiben wird, als bisher angenommen. Durch den Verkauf von 49,8 Prozent der Stadtwerke bleibt Bremen von dem Unternehmenserlös nämlich mit 34,7 Millionen Mark nur noch die knappe Hälfte. Zwar spart die Stadt gleichzeitig rund 50 Millionen Mark an Zinsen, da der Verkaufserlös von 684 Millionen Mark zur Reduzierung der Staatsverschuldung verwendet wurde. Insgesamt bleibt Bremen dennoch nur ein magerer Vorteil von 14,7 Millionen Mark im Jahr durch den Verkauf der Stadtwerke. Als Preis dafür hat die Stadt die Hälfte ihres Einflusses auf die Bremer Energiepolitik aufgegeben. Ase