■ Schnittplatz
: Linkspartei?

Daß auf dem SPD-Parteitag Regie geführt wurde wie bei den Grünen vor zehn Jahren, hat die Partei zu neuem Leben erweckt, sie aber auch erst mal eine Chance gekostet: auf die Medienpolitik ihrer Länderfürsten Einfluß zu nehmen. Denn wäre der dazu vorbereitete Leitantrag nicht dem Zeitmangel zum Opfer gefallen, dann müßte die SPD jetzt auf härtere Regeln gegen die Konzentration beim Privatfernsehen drängen: kein Unternehmen sollte mehr als 25 Prozent Anteil am Zuschauermarkt haben dürfen, Springers Anteile am Printmarkt müßten genauso einbezogen werden wie Kirchs Filmgeschäfte. Außerdem müßten alle größeren Sender „Fensterprogramme eines unabhängigen Dritten“ aufnehmen (wie zum Beispiel die von Alexander Kluges dctp veranstalteten Informationssendungen).

Doch weil die Parteitagsdelegierten am Freitag mittag pünktlich nach Hause wollten, wird es morgen, wenn sich die StaatskanzleiChefs aller Länder in Bonn treffen, keine Vorgabe für eine gemeinsame SPD-Position geben. Nordrhein-Westfalen wird sich wieder für eine weiche Konzentrationsregelung im Rundfunkstaatsvertrag einsetzen, um den landesansässigen Bertelsmann-Konzern nicht zu verärgern (der hatte rechtzeitig zum SPD-Parteitag vor der 25-Grenze gewarnt, die ihm mehr schade als Leo Kirch).

Dagegen hat Hessens Staatskanzleichef Hans Joachim Suchan schon via epd-Interview angekündigt, daß er eine Schwelle will, die „niedriger liegt als 30 Prozent“. Andernfalls werde keine der gegenwärtigen Fernsehfirmen „empfindlich gestört“. Und schließlich ist da Klaus Gärtner, Chef der Kieler Staatskanzlei, der das Marktanteilsmodell für eh nicht justitiabel hält – wenn heute die deutschen Gerichte schon bei Blutalkoholtests eine Genauigkeit von mehr als 99,7 Prozent fordern. Die Messungen der Fernsehquoten sind dagegen nur Hochrechnungen, bei rund 4.400 Testsehern.

Je länger das Tauziehen zwischen den SPD-Ländern dauert, um so größer die Chancen von Stoiber und Biedenkopf. Oder wird Oskar Lafontaine gleich mal in der Medienpolitik vorführen, was er mit „Linkspartei“ meint? Michael Rediske