„Wir müssen ganz gezielt nach Frauen suchen“

■ Hildegard Müller, frauenpolitische Sprecherin der Jungen Union, meint, daß das Quorum zur Förderung der Frauen in der CDU notwendig ist. Dieses allein reiche aber nicht aus

taz: Frau Müller, was hat Ihre Partei nach dem Scheitern des Quorums und der Mitgliederbefragung noch mit Zukunft zu tun?

Hildegard Müller: Persönlich bin ich sehr enttäuscht, weil wir nun den Eindruck erwecken, keine zukunftsweisende Partei zu sein. Dennoch ist in den letzten Tagen viel Wichtiges rübergekommen.

Welche politischen Konsequenzen ziehen Sie aus der Ablehnung des Quorums?

Man muß in der CDU noch mehr dafür tun, um die Parteimitglieder von der Notwendigkeit einer Quote zu überzeugen – vielleicht haben wir hier doch zu wenig Überzeugungsarbeit geleistet. Vor allem muß man nach außen zeigen, daß wir uns nicht gegen Frauen stellen, sondern daß wir daran interessiert sind, daß junge Frauen verstärkt in der Union mitarbeiten.

Wie kann das nach der Entscheidung gegen die Quote gelingen?

Ich habe mich immer dagegen ausgesprochen, die Frauendiskussion auf das Quorum zu reduzieren. Ich halte Quoren für notwendig. Sie reichen aber nicht aus. Es muß noch viel mehr getan werden, sonst wäre die Quote ein Feigenblatt, mit dem wir bis 1999 keine entscheidenden Veränderungen in der Partei erreichen. Wichtig ist nicht nur die stärkere Beteiligung der Frauen, es geht um die Reform der Union. Für mich war auch die Mitgliederbefragung ein Weg zur Motivation – insbesondere auch der Frauen. Ich halte es für wichtig, daß Entscheidungsprozesse direkter werden.

Fein, aber die Mitgliederbefragung ist ebenfalls gescheitert.

Ja, aber in vielen Landessatzungen existiert sie bereits. Es wäre ein Symbol gewesen, wenn wir sie heute hier verabschiedet hätten.

Versuchen Sie nicht die Niederlage der Parteireformer zu verharmlosen, wenn Sie sagen: Es ist zwar schade, daß das Quorum gescheitert ist, aber das ist ja nur ein Symbol. Meinen Sie, das kommt richtig rüber, das verstehen die Frauen der CDU?

Ich sage nicht: So schlimm ist es nicht. Ich bin – das möchte ich ganz deutlich sagen – sehr enttäuscht, daß diese Beschlüsse nicht gefaßt wurden, auch weil die nach außen gehenden Signale ganz falsch ankommen. Denn es entsteht der Eindruck, daß die CDU sich gegen Frauenbeteiligung ausgesprochen hat. Das muß zu Enttäuschung führen. Um so wichtiger ist es jetzt, weiterzumachen. Es ist ja nicht so, daß Frauen in der CDU nichts erreicht hätten.

Kann man Frauen ohne Quorum in höhere Posten bringen?

Natürlich. Das Quorum ist nicht das Entscheidende. Das Wichtige ist das Wollen in den Köpfen. Da fordere ich auch Führungsstärke von Oben. Jetzt muß die Beteiligung der Frauen eben indirekt durchgesetzt werden. Wir müssen ganz gezielt nach Frauen suchen. Als Junge Union haben wir zum Beispiel Selbstverpflichtungsklauseln; solche Instrumente müssen wir stärker in Anspruch nehmen.

Wer sind jene, die gegen das Quorum gestimmt haben?

Das ist ganz unterschiedlich. Das geht vom Macho bis zur jungen Frau. Gerade junge Frauen haben noch den Anspruch: Ich schaff' das aus eigenem Antrieb. Als ich angefangen habe, dachte ich auch noch: Ich schaff' das alleine. Aber so ist es nicht. Hier gehen Wunschdenken und Wirklichkeit auseinander.

Was bedeutet es, wenn der Kanzler, der angeblich der einzige ist, der in dieser Partei das Sagen hat, es nicht schafft, die Delegierten von der Quote zu überzeugen?

Vielleicht zeigt es, daß die Partei doch nicht so abhängig von ihm ist, wie manche das gerne hätten. Interview: Julia Albrecht