Und es werde Licht?

■ Das „TV-Karriere-Spiel“ von Pro 7: Ein Selbstversuch mit Selbstverzicht

Einmal Programmchef von Pro 7 sein! Mit eisernem Besen durch die taff-Redaktion fegen, Arabella Kiesbauer das Lachen verbieten und der obercoolen Anchor-Gang nur so zum Spaß das Gehalt kürzen! Normalerweise führt der Weg dorthin bestenfalls über quälende Bewerbungsgespräche mit Senderchef Georg Kofler und permanentes Mobbing in den Li-La-Laune-Redaktionen des jugendlichen Privatkanals. Alles viel zu stressig, und außerdem will man ja auch nicht wirklich nach München.

Also rein mit der neuen Pro-7- CD-ROM in den Computer und das „TV-Karriere-Spiel“ per Mouse-Klick gestartet. Zur Einstimmung füllt ein wichtig rotierender Erdball den Schirm. Beim Klang der Nachrichtenfanfare schiebt sich ein verwaister Chefsessel ins Bild. Schon verstanden. Eben noch den Namen ins Bewerbungsformular getippt, und schon betritt man die animierte Sterilität des Pro-7-Headquarters.

Leider geht's nicht so dynamisch weiter. Einzig die „charmante Pro- 7-Moderatorin“ im kurzen Rock erreicht Glücksrad-Niveau. Die als Eignungstest erdachten Spielchen nicht mal das. Statt mit dem Joystick unfähige Redaktionsleiter abzuschießen, gilt die erste Bewährungsprobe der Suche nach dem Lichtschalter im Studio. Das ist so langweilig, daß die Hand auf der Mouse einschläft. Auch die folgenden Nummern (Kamera einrichten, Beitrag schneiden etc.) entpuppen sich als minimalistische Bewegungstherapie mit Schwerpunkt auf dem Zeigefinger.

Was der Münchner Privatsender zum obergeilen Computerspiel hochdeklariert, ist nicht mehr als eine Art Reha-CD für Dauergucker, denen die Pro-7-Trailer schon ins Stammhirn schwappen. Wie im richtigen Pro-7-Programm bleibt auch am Computer der Inhalt megabyteweit hinter der Form zurück. Dabei trösten die aufwendigen Sound- und Grafikeffekte weder über die dämlichen Spielchen hinweg noch über die langen Pausen, in denen der Rechner mit dem Farbgenerator um Bits und Bytes ringt. Und spätestens wenn die Computerversion von Arabella Kiesbauer aus dem Gerät kreischt, verzichtet man freiwillig auf den Aufstieg zum Programmchef.

Sollte Georg Kofler durch ein ähnlich nervendes Auswahlverfahren gegangen sein, hat er sich den Job wahrlich verdient. Oliver Gehrs