Bürgerberatung im gepflegten Großraumbüro

■ Das Bürgeramt in Köpenick bietet Hilfestellungen bei Schwierigkeiten mit der Verwaltung. „Wir verstehen uns als Dienstleistungsunternehmen für den Bürger.“

Verwaltungsabläufe zu reformieren, ist eine undankbare Aufgabe. Entweder meckert das Personal über Mehrarbeit, oder die betroffenen Bürger sind unzufrieden über schlechteren Service. Das Bürgeramt Köpenick, das im Oktober letzten Jahres die Arbeit aufgenommen hat, scheint da eine ruhmreiche Ausnahme zu sein. Egal, wen man fragt, alle sind voll des Lobes.

„Es ist wirklich ganz toll hier. Die Mitarbeiter sind immer bemüht, einem weiterzuhelfen. Und auch optisch ist das sehr schön gemacht hier“, schwärmt Antje, die zur Rechtsberatung hergekommen ist. In den ehemaligen Räumen der Berliner Bank stehen in einem Großraumbüro elf Beratungsplätze zur Verfügung, an denen Mitarbeiter aus verschiedenen Verwaltungsabteilungen beim Ausfüllen von Anträgen behilflich sind.

Die Schreibtische sind mit Grünpflanzen und Blumensträußen dekoriert. Die Polsterstühle und die funkelnagelneuen Computerterminals verbreiten die Atmosphäre eines florierenden Unternehmens. Auch die Arbeitsauffassung erinnert eher an einen Privatbetrieb als an eine Behörde. „Wir verstehen uns als Dienstleistungsunternehmen für den Bürger“, erklärt Sabine Bimböse, die Leiterin des Bürgeramts.

Oft genügt ein Beratungsgespräch

Das Sozialamt, das Jugendamt, das Wohnungsamt und das Kulturamt haben Mitarbeiter zum Bürgeramt abgestellt. Die Bürgerberatung und das Bezirkseinwohneramt sind komplett in die neuen Räume umgezogen. Eine Anwältin bietet hinter einer spanischen Wand zusätzlich Rechts- und Schuldnerberatung an. Der Service wird von den Bürgern begeistert aufgenommen. „Wir haben bis zu tausend Besucher in der Woche“, erzählt Bimböse. Die Hälfte ist nach einem Gespräch am Informationsschalter bereits zufriedengestellt.

Aber nicht nur der Paragraphendschungel der Verwaltung sorgt für regen Zulauf. „Wir haben hier einige Rentnerinnen, die sich von uns trösten lassen, wenn zu Hause was schief gelaufen ist. Die kommen regelmäßig hierher“, erzählt eine Mitarbeiterin der Informationsabteilung. Viele nutzen aber auch die speziellen Beratungsangebote. Die Mitarbeiter des Bürgeramts geben die vollständig ausgefüllten Anträge an die Fachabteilungen weiter, wo sie bearbeitet werden. Für die Ratsuchenden hat das den Vorteil, daß sie nicht auf die spärlichen Sprechstunden einzelner Ämter angewiesen sind. Das Bürgeramt hat vier Tage in der Woche ab neun Uhr morgens Sprechstunde.

Am Mittwoch, wenn das Büro für das Publikum geschlossen ist, werden die Mitarbeiter geschult. „Wir wollen erreichen, daß jeder Mitarbeiter in mindestens zwei Bereichen arbeiten kann. Außerdem muß jeder fit genug für die Arbeit am Informationsschalter sein“, erläutert Bimböse die hohen Anforderungen an das Personal. Neben Vorträgen von Experten steht aber auch praktischer Anschauungsunterricht auf dem Programm. „Letzten Mittwoch waren wir in einem Heim für Aussiedler, weil die sehr oft zu uns kommen. Aber keiner von uns wußte, wie sie eigentlich leben“, erzählt Anke Emeling, die gerade ein Praktikum im Bürgeramt macht. Die Studentin für Verwaltungsrecht und Rechtspflege ist mit der Arbeit im Bürgerbüro zufrieden. „Es kommt ganz viel positive Resonanz. Es herrscht eine große Kollegialität, und die Mitarbeiter sind sehr engagiert“, faßt Emeling ihre Praktikumserfahrungen zusammen.

Auch das Buch des Bürgeramts, in das jeder seine Meinung über die Einrichtung eintragen kann, quillt vor Lob über. Etliche Bürger bedanken sich für die schnelle und freundliche Beratung. Viele regen die Bildung solcher Stellen in allen Bezirken an. Doch daraus wird vorerst nichts werden. Das Köpenicker Amt wurde auf Initiative des Bezirksbürgermeisters Klaus Ulbricht (SPD) und einiger engagierter Verwaltungskräfte gegründet. Nach Weißensee ist es damit die zweite Anlaufstelle dieser Art.

Keine weiteren Bürgerämter

„Ohne die Unterstützung der Senatsinnenverwaltung hätte das allerdings nicht geklappt“, ist sich Bimböse sicher. Trotz der guten Erfahrungen in Köpenick wurde die entsprechende Arbeitsgruppe in der Innenverwaltung inzwischen aufgelöst. Die lapidare Begründung: Die Einrichtung weiterer Bürgerämter stünde nicht an. In Köpenick hofft man allerdings, sich nach Abschluß der einjährigen Modellphase so weit etabliert zu haben, daß das Bürgeramt zur festen Institution wird. Gesa Schulz

Bürgeramt Köpenick; Alt-Köpenick 21; Tel.: 6584-2741