Tote bei Hungerstreik

■ 41jährige Kurdin gestorben, weitere fünf Kurden sind im Krankenhaus

Bei dem Hungerstreik der Kurden ist gestern eine Frau vermutlich an Herzversagen gestorben. Die 41jährige Gülnaz Baghistan, Mutter von fünf Töchtern, war aus Osnabrück angereist, um an dem Solidaritätshungerstreik teilzunehmen. Weitere fünf Personen seien wegen Schwächeanfällen in medizinischer Behandlung, teilte ein Sprecher der Hungerstreikenden mit. Bei mehreren Personen läge eine „akute Gefährdung“ vor, bestätigte gestern abend ein Vertreter der Feuerwehr. In Vorbereitung war gestern abend eine dauerhafte medizinische Versorgung durch das Rote Kreuz.

Sprecher der Hungerstreikenden richteten schwere Vorwürfe an die Adresse der Polizei und machten sie verantwortlich für den Tod der Frau. Die Frau sei vor dem Hungerstreik gesund gewesen, so ein Sprecher der Hungerstreikenden. Während des acht Kilometer langen Marsches vom Breitscheidplatz in die Zossener Straße habe die durch Fasten offenbar entkräftete Frau einen Schwächeanfall erlitten. Sie sei nicht ins Krankenhaus gebracht worden, weil sich ihr Zustand später wieder besserte. Erst Donnerstagmorgen fiel sie dann ins Koma. Von der Feuerwehr wurde angegeben, daß die Frau beim Eintreffen des Rettungswagen kurz nach Mittag bereits tot war.

Die Polizei wies die Vorwürfe zurück. Die Teilnahme am Marsch sei allein eine Entscheidung der Hungerstreikenden gewesen, betonte Polizeisprecher Detlef Kayser: „Niemand ist zur Teilnahme gezwungen worden.“ Eine genaue Klärung der Todesursache sei nicht möglich, da die Leiche nicht von den Kurden freigegeben werde. Die Kurden haben die mit Blumen bedeckte Frau in den Räumen des Kurdenzentrums aufgebahrt.

Vor einer Woche hatten die rund 230 Hungerstreikenden, darunter auch einige Deutsche, Türken und Italiener, aus Solidarität mit 10.000 hungernden Gefangenen in der Türkei eine Mahnwache auf dem Breitscheidplatz angefangen. Am Mittwochmorgen wurde die bis zum 5. August genehmigte Aktion von einem großen Polizeieinsatz aufgelöst. Begründung: Die Hungerstreikenden hätten wiederholt Propagandamaterial der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK ausgelegt. Am Tag zuvor hatte es bei einer Beschlagnahmeaktion eine Schlägerei mit drei verletzten Polizisten gegeben. In einem Protestzug waren die Hungerstreikenden anschließend zum Kurdischen Kulturzentrum in der Zossenerstraße in Kreuzberg marschiert.

Der Hungerstreik werde unbefristet weitergeführt, sagte der kurdische Exil-Politiker Felemez Basboga. „Wir machen weiter, auch wenn wir alle sterben“, betonte Mahmut Koyon gegenüber der taz. Die Hungerstreikenden verlangten in einer Resolution ein persönliches Gespräch mit Innensenator Heckelmann, die Freilassung von zwei am Mittwoch festgenommenen Kurden sowie die die Rückkehr an den Breitscheidplatz. Zonya Dengi/Gesa Schulz