„Das Ganze hat den Charakter von Pingpong“

■ Die sozialpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Babel, zu Seehofers Plänen, Kriegsflüchtlingen künftig keine Sozialhilfe, sondern nur noch Sachleistungen zu gewähren

taz: Gesundheitsminister Seehofer will 1,3 Milliarden Mark sparen, indem er Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge Asylbewerbern gleichstellt, Sozialhilfe nur als Sachleistungen und Gutscheine gewährt. Was halten Sie davon?

Gisela Babel: Das macht die FDP- Fraktion nicht mit. Wir haben im Asylkompromiß vereinbart, daß Bürgerkriegsflüchtlinge nicht wie Asylbewerber behandelt werden. Ich bezweifle, daß eine Umstellung auf Sachleistungen überhaupt Geld spart. Wir wissen heute, daß Sachleistungen teurer kommen als Geldzahlungen.

Was ist der Hintergrund?

Im Zusammenhang mit dem Asylkompromiß war vereinbart worden, über die Finanzierung der Kriegsflüchtlinge zwischen Ländern und Bund eine Absprache zu treffen. Das ist aber bislang noch nicht geschehen. Seehofer umgeht diese offene Finanzierungsfrage, indem er das Gesetz ändern will.

Seehofer sagt, er habe vom Kabinett einstimmig den Auftrag dazu bekommen. Also müssen auch die FDP-Minister zugestimmt haben?

Es wurde im Kabinett ein allgemeiner Auftrag für Vorschläge zur Entlastung der Sozialhilfeträger erteilt. Es stand nicht drin, daß die Bürgerkriegsflüchlinge schlechter gestellt werden sollen.

Warum sollen Bürgerkriegsflüchtlinge anders behandelt werden als Asylbewerber?

Die Bürgerkriegsflüchtlinge haben wir selbst ins Land geholt. Niemand weiß, wie lange diese Menschen bleiben werden. Dagegen gehen wir bei Asylbewerbern nur von kurzen Bleibefristen aus.

Die FDP-Fraktion wird Seehofers Vorhaben nicht zustimmen?

Richtig. Das Ganze hat den Charakter von Pingpong. Seehofer hatte diese Vorschläge schon einmal gemacht, als er im April die Eckpunkte für das Bundessozialhilferecht vorstellte. Damals habe ich ihm klar gesagt, daß wir das nicht mittragen, und er hat es zurückgezogen. Jetzt hat er wieder vorgelegt. Seehofer wird auf jeden Fall noch einmal die Zustimmung des Kabinetts brauchen, wenn er die Vorschläge im Herbst einbringt.

Befürworten Sie die von Seehofer vorgeschlagene Umkehr der Beweislast, wonach nicht verheiratete Bewohner von Wohngemeinschaften nachweisen müssen, daß sie keinen Unterhalt von Mitbewohnern bekommen?

Da geht es an die Privatsphäre, die der Staat eigentlich nicht durchleuchten sollte. Wir können dem nicht zustimmen, bevor wir nicht eine Anhörung von Experten zu diesen Fällen gehabt haben. Interview: Hans Monath