Verkaufen, um im Geschäft zu bleiben

Der Fernsehsender Pro 7 will seine Lizenz retten: Die Rechtskonstruktion wird geändert, Kirch-Sohn Thomas wird vermutlich Anteile an eine neue Aktiengesellschaft abgeben  ■ Von Michael Rediske

Berlin (taz) – Im Oktober nächsten Jahres läuft die Lizenz des Fernsehsenders Pro 7 aus, an dem Thomas Kirch beteiligt ist, der Sohn von Leo Kirch. Die Chancen, diese Lizenz verlängert zu bekommen, stehen gegenwärtig schlecht. Meint doch die überwiegende Mehrheit der Landesmedienanstalten, daß der Sender zur Kirch- Gruppe zu rechnen ist und deshalb gar keine Lizenz haben dürfte. Die hat Pro 7 in Schleswig-Holstein bekommen.

Der Haken: Im Spätherbst wird dort von der SPD-Mehrheit ein neues Mediengesetz verabschiedet werden, und das wird die Rechtslage für Vater und Sohn Kirch entscheidend verschlechtern: Anteile von nahen Angehörigen werden dann nämlich addiert – es sei denn, diese könnten ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit voneinander glaubhaft machen.

Um aus dieser fast aussichtslosen Lage herauszukommen, hat sich Pro 7 zur Vorwärtsverteidigung entschlossen: Der in Kiel gestellte Antrag auf Lizenzverlängerung kündigt bereits an, daß Pro 7 seine Rechtskonstruktion verändern wird. Das bestätigte gestern Klaus Piette, Mitglied der Geschäftsleitung der Pro7-Gruppe, gegenüber der taz. Insider rechnen damit, daß die GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird, an die dann Thomas Kirch einen Teil seiner Anteile verkauft. In jedem Fall wolle man sich jetzt „beweglich zeigen“, statt „mit dem Kopf durch die Wand“ zu rennen. Pro 7 brauche in erster Linie Planungs- und Investitionssicherheit. Über die künftige Rechtskonstruktion werde als erstes die „Prüfstelle“ aus vier Direktoren von Landesmedienanstalten informiert.

Bislang sind die Gesellschaftsverhältnisse bei Pro 7, gelinde gesagt, unübersichtlich. Thomas Kirch bleibt nur durch zwei Kunstgriffe mit seiner (47,5-Prozent-) Beteiligung unter der verbotenen Mehrheit: 49,5 Prozent gehören der Medi-Media GmbH eines Kaufmanns namens Gerhard Ackermans, der (außer bei Notarterminen) nie auftaucht und sein Büro in zwei Räumen über einer Dorfkneipe hat. Zweiter Trick: Pro7-Chef Georg Kofler, einst Büroleiter von Leo Kirch, bekam, als „Erfolgsbeteiligung“, drei Prozent.

Dagegen, daß die Kieler „Unabhängige Landesanstalt für Rundfunk“ (ULR) dieser Konstruktion eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hat, haben zehn der 15 Medienanstalten Widerspruch eingelegt. Diesen Widerspruch hat die ULR-Versammlung schon am 3. März zurückgewiesen.

Damals kündigte die ULR an: „Die Widerspruchsbescheide werden in Kürze ausgefertigt.“ Wenn sie jetzt, vier Monate später, immer noch „im Amtsgang“ sind (so ULR-Direktor Gernot Schumann), dann signalisiert das offenbar, daß man statt auf eine gerichtliche Auseinandersetzung auf Verhandlungen setzt. Allerdings werden die Medienanstalten wohl auch fragen, an wen die Anteile verkauft werden sollen. Michael Rediske