Klares Votum für Tornado-Einsatz

■ Bundestag will Soldaten nach Ex-Jugoslawien schicken / 45 Stimmen kamen von der Opposition

Bonn (taz) – Zum erstenmal seit 1945 werden deutsche Soldaten wieder mit dem Auftrag in ein Kriegsgebiet entsandt, sich notfalls an Kämpfen zu beteiligen. In einer von vielen Abgeordneten als „historisch“ bezeichneten Entscheidung billigte der Bundestag mit 386 zu 248 Stimmen gestern den Beschluß des Kabinetts, ECR-Tornados, logistische Hilfe sowie Sanitätssoldaten zur Unterstützung der internationalen Schnellen Eingreiftruppe nach Ex-Jugoslawien zu schicken.

„Wir wissen, daß wir eine Grenze überschreiten“, sagte der SPD-Abgeordnete Norbert Gansel, der zu den rund 45 oppositionellen Abgeordneten gehörte, die gegen die eigene Partei- und Fraktionsführung mit der Regierung stimmten. Die SPD-Mehrheit lehnte den Einsatz von Kampfflugzeugen ab, befürwortete aber die Entsendung von Sanitätssoldaten nach Kroatien und logistische Hilfe für die Schnelle Eingreiftruppe. SPD-Chef Rudolf Scharping warf der Regierung vor, sie habe den innenpolitischen Konsens aufgegeben, wonach der Einsatz deutscher Soldaten in Bosnien nicht in Frage komme. Auch die große Mehrheit der 49 bündnisgrünen Abgeordneten stimmte gegen den Regierungsantrag. Dafür sprachen sich bei den Bündnisgrünen Gerd Poppe, Marieluise Beck, Helmut Lippelt und Waltraud Schoppe aus. Poppe sagte: „Den Angehörigen der Bundeswehr wünsche ich Besonnenheit und Glück und vor allem eine gesunde Rückkehr.“ Die PDS lehnte die Regierungsvorlage ab.

Die vierstündige Debatte drehte sich vor allem um die Einschätzung der Frage, ob die Bundesrepublik mit dem Einsatz von ECR-Tornados in Bosnien zu einer Eskalation des Konflikts beitragen oder gar Kriegspartei werde. Grundsätzlich gestritten wurde darüber, ob der Beschluß über den ersten möglichen Kampfeinsatz der Bundeswehr in einem Kriegsgebiet einer deutschen Großmachtpolitik Vorschub leiste. Joschka Fischer, Fraktionssprecher der Grünen, äußerte den Verdacht, „daß es weitergehen und die Selbstbeschränkung deutscher Außenpolitik ad acta gelegt wird“. In Richtung der Regierungsfraktionen mahnte Fischer: „Sie haben Leute in den eigenen Reihen, die viel, viel mehr wollen.“

Die bosnische Regierung begrüßt nach Angaben von Marieluise Beck die Bundestagsentscheidung. Die Abgeordnete teilte mit, der bosnische Botschafter in Bonn, Enver Ajanović, habe ihr erklärt, seine Regierung spreche sich entschieden für eine deutsche Beteiligung an der Schnellen Eingreiftruppe aus.

Hans Monath Tagesthema Seite 3