Schengen-Europa stockt

■ Frankreichs Premier verlangt noch einmal verlängerte Übergangsregelung

Paris (taz) – Mit dem freien Personenverkehr in Europa wird es wieder nichts: Die französische Regierung hat gestern das für den 1. Juli vorgesehene Inkrafttreten der Schengener Verträge um weitere sechs Monate verschoben. Die Kontrollen an einigen Außengrenzen der sieben Mitgliedsländer seien noch nicht ausreichend, begründete Premierminister Alain Juppé den Rückzieher.

Ursprünglich waren die Verträge 1985 von damals fünf Ländern unterzeichnet worden und sollten noch im selben Jahrzehnt in Kraft treten. Ihr Ziel war es, die eigentlich für das gesamte EG-Europa geplante Freizügigkeit für Personen zumindest für eine Kerngruppe vorwegzunehmen.

Der Fall der Berliner Mauer und immer neue nationale Ressentiments verzögerten die Realisierung ein ums andere Mal. Am 26. März dieses Jahres feierten die Innenminister der Schengen-Unterzeichnerstaaten bereits vorsichtig das provisorische Inkrafttreten der Verträge. Die sieben Staaten erklärten eine gemeinsame Außengrenze. Nur Frankreich scherte aus: Der damalige Innenminister Charles Pasqua verlangte eine Übergangszeit bis zum 1. Juli, um seine Landesgrenzen besser auf die Umstellung vorzubereiten. Seither haben er und sein Nachfolger Jean-Louis Debré stets betont, daß die Schengen-Regelung zurückgenommen würde, wenn die illegale Einwanderung zunähme.

Nach Ansicht des deutschen Innenministers Manfred Kanther kann kein Mitgliedsland „Sicherheitslöcher nachweisen“, die durch Schengen bedingt sind. Doch Frankreich sieht das – zumal unter dem Eindruck der starken Zugewinne der ausländerfeindlichen Front National – wieder einmal anders. Dorothea Hahn