■ Räumung ohne Räumungsbefehl
: Modell Hellmann

Was hat es alles schon gegeben: Häuserräumungen aus Versehen oder mit Absicht, aus politischen Gründen oder auf Anordnung der Eigentümer, juristisch abgesichert oder nicht. Doch das war in den Achtzigern unter Lummer und Kewenig oder brachte, wie im Fall der Mainzer Straße, gleich den ganzen Senat in die Bredouille. Seither freilich galt das, was man gemeinhin als Berliner Linie bezeichnet: Neubesetzungen werden binnen 24 Stunden geräumt, während die Altfälle der bis 1990 besetzten Häuser als geduldet gelten. Diese können demnach, so die Rechtsauffassung des Senats, nicht polizeilich, sondern nur zivilrechtlich geräumt werden. Unabhängig davon, ob die Besetzer dort polizeilich gemeldet sind oder nicht.

Das wissen auch die Eigentümer, und das ist auch der Grund, warum viele der Privatbesitzer in den letzten beiden Jahren den Weg der Selbstjustiz beschritten haben. Bisher freilich hat die Polizei den Räumungsversuchen der Schlägertrupps immer einen Riegel vorgeschoben. Vor diesem Hintergrund muß man die polizeilich geduldete Räumung in der Linienstraße und das selbstherrliche Auftreten des Einsatzleiters Hellmann nicht nur als unterlassene Hilfeleistung, sondern auch als Unterstützung einer respektive Werbung für eine kriminelle Vereinigung verstehen. Falls es sich nämlich in München oder anderswo herumspricht, daß in Berlin nunmehr das Faustrecht herrscht, wird künftig nicht mehr von der Berliner Linie, sondern nur noch vom Modell Hellmann die Rede sein. Uwe Rada

Siehe Bericht Seite 22

Krimineller geht's nimmer