■ Mit Gen-Food-Einkäufern auf du und du
: Händler wollen nicht

Berlin (taz) – Genmanipulierte Tomaten müssen nicht nur produziert, sie wollen auch verkauft werden. Doch die 80 bis 90 Prozent der Einzelhändler wollen genmanipulierte Lebensmittel nicht in ihren Regalen dulden. Das ergab vor kurzem eine Umfrage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) unter baden-württembergischen Ladenbesitzern. Naturkostläden lehnen nach der Umfrage gentechnisch veränderte Lebensmittel sogar landesweit zu fast 100 Prozent ab.

Hinter den Antworten steht in erster Linie nicht Moral, sondern Geschäftssinn: Die meisten Händler glauben, ihre Kundschaft teile ihre ablehnende Haltung, und 86 Prozent befürchten durch die Einführung gentechnisch veränderter Lebensmittel einen Imageverlust ihres Geschäfts (bei Bioläden und Reformhäusern waren es 100 Prozent). Nicht einer der Händler glaubt hingegen an einen Imagegewinn durch Gentechnik.

Der Wissenschaftsladen Konstanz hatte von März bis Mai die Geschäftsführer von insgesamt rund 120 Supermärkten, Reformhäusern, Naturkost- und Discountläden in Baden-Württemberg befragt. Die Kooperationsbereitschaft der Händler war mit 90 Prozent sehr hoch – ein Indiz nicht nur für die Bedeutung des Themas, sondern auch für die Verunsicherung der Geschäftsführer.

Immerhin 22 Prozent der Befragten waren bereit, gentechnisch veränderte Lebensmittel zu verkaufen, sofern diese ausdrücklich gekennzeichnet sind. Allerdings machen die Umfrageergebnisse deutlich, daß die derzeitige Kennzeichnungsdiskussion an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbeigeht; für die meisten Händler stellt sich die Frage nach der Kennzeichnungspflicht für getechnisch veränderte Lebensmittel gar nicht erst, da sie derlei prinzipiell ablehnen.

Viele Händler sind jedoch überzeugt, daß Gentechnik-Lebensmittel, obwohl in Deutschland noch gar nicht zugelassen, „inkognito“ längst in Umlauf sind (Biohändler erweisen sich mit 82 Prozent in dieser Frage am mißtrauischsten). Ungleich weniger eindeutig ist die Antwort der Studie auf die Frage, ob Gentechnik im Lebensmittelbereich eine Zukunft hat, auch wenn die Optimisten in der Mehrheit sind: 37 Prozent der Befragten sind sicher, Gentechnik werde sich in diesem Bereich nicht durchsetzen. Unentschieden in dieser Frage ist ein knappes Drittel, aber immerhin knapp 30 Prozent fürchten, daß die Entwicklung schon weit vorangeschritten ist.

Wenn überhaupt ein Teil der Kunden Gentechnik in Lebensmitteln akzeptieren würde, dann vermutlich am ehesten die Käufer von Fertiggerichten, meinten die Händler. Tilmann P. Gangloff