Sie sprechen nicht, sie singen

■ Wolfgang Müller ist für einen Sommer zurück auf Island – und er sprach mit der Elfenbeauftragten Erla Stefansdottir

In einem Zweifamilienhaus in der Melhagi lebt Erla Stefansdottir, die Elfenbeauftragte der Stadt Reykjavik. Das Bauamt der Stadt versendet auf Wunsch ihre Karte „Wohnorte von übernatürlichen Geschöpfen und Möglichkeiten für geistige Übungen“. Der Island-Reisende und taz-Zulieferer Wolfgang Müller hat Erla besucht und ihr einige Fragen gestellt.

taz: Sie haben in einem Steinhügel bei Kopavogur, einer Vorstadt von Reykjavik, eine größere Ansammlung von Elfen und Feen ausgemacht?

Erla Stefansdottir: Ja, das ist richtig. Zum Glück hat man das bei der Planung berücksichtigt. Die Fahrspuren des anschließend gebauten Alfshofsvogur, des Elfenhügelweges, wurden um den Hügel geleitet, um die Elfen nicht zu stören.

Ein ziemlich scharfer Schlenker, diese Umleitung. Wie reagieren denn Elfen auf Störungen?

Es handelt sich ja eher um den Versuch zur Vertreibung der Wesen und um Zerstörung von Natur.

Und die Elfen wehren sich gegen solche Gewalttätigkeiten?

Natürlich. Jüngst beim Bau einer Straße wurde der Baggerführer angewiesen, einige Steine beseite zu räumen, die bekanntermaßen Wohnstätte diverser Elfen und Lichtfeen war. Beim ersten Versuch brachen einige Zähne der Schaufel ab, und beim zweiten Versuch zerbrach sie schließlich in zwei Teile. Man gab auf und verlegte die Straße um diese Wohnstätte.

In Island wurden weitere Bauvorhaben aufgrund des Vorkommens von Elfen- oder Zwergenpopulationen abgebrochen. Findet das immer den Zuspruch der Behörden?

Nein, es gibt einigen Widerstand vor allem bei Politikern, denen meine Karten zu unrational sind. Sie wollen meine Ratschläge nicht hören. Ich zeichne ja auch keine logischen Karten in ihrem Sinne. Aber andererseits hat man wohl auch registriert, daß das Interesse von Einheimischen und besonders den Touristen an den „Hidden World Maps“ und den Elfenkarten stark gestiegen ist. Letztens rief mich die Angestellte eines Touristenbüros an und bat mich dringend um Material. Sie sagte, daß die Touristen mittlerweile mehr über Elfen und Zwerge wüßten als die Angestellten in der Zentrale. Besonders deutsche Touristen sind sehr an Huldufolks und Elfen interessiert.

Huldufolks? Was ist das?

Es existiert ja neben Elfen und Zwergen eine große Anzahl anderer übernatürlicher Wesen. Das wären Licht- und Blumenfeen, Gnome, die etwa zehn bis zwölf Zentimeter groß sind, mehrere hundert Meter große Berggeister, die Lieblichen, die man in Gegenden voll reicher Vegetation antrifft, Engel in allen Schattierungen und vieles andere mehr. Huldufolks, auch „Hidden People“ genannt, erinnern äußerlich sehr an Menschen. Sie sind farbenfroh gekleidet, sehr soziale Geschöpfe und leben eng zusammen.

Gibt es in Berlin auch solche Wesen?

Selbstverständlich. Die Trolle und Elfen in Norwegen sind aber natürlich wesensverschieden von denen in Dänemark oder Deutschland. Das ist auch regional sehr unterschiedlich.

Sprechen die Elfen in den verschiedenen Ländern auch unterschiedliche Sprachen?

Aber nein. Elfen sprechen doch nicht. Sie singen. Interview: Wolfgang Müller