Razzien in Paris

■ Französische Polizei sucht wieder einmal nach waffenschmuggelnden Islamisten: 140 Nordafrikaner verhaftet

Paris (AFP/dpa/taz) – Die französische Polizei hat gestern mit einem Großeinsatz im Großraum von Paris und in den Städten Marseille, Perpignan, Tourcoing und Orléans die Suche nach vermuteten Helfern bewaffneter Islamisten in Algerien und Tunesien begonnen. In Paris wurde ein Stadtviertel mit starkem nordafrikanischem Bevölkerungsanteil am Fuße des Montmartre-Hügels abgesperrt, zwei Hotels wurden umstellt und durchkämmt. Vorläufig wurden insgesamt 140 Männer und Frauen festgenommen, nach Polizeiangaben wurden „Waffen und anderes Material“ beschlagnahmt. Die Operation, an der 400 Polizisten teilnahmen, wurde nicht vom neuen Innenminister Jean-Louis Debré angeordnet, sondern von drei Untersuchungsrichtern, die gegen Waffenbeschaffer islamistischer Gruppen im Umfeld der „Islamischen Heilsfront“ (FIS) in Algerien und der „Islamischen Tunesischen Front“ (FIT) in Tunesien ermitteln. Unter anderem gehe es auch um die Aufdeckung einer Organisation für illegale Einwanderung aus Deutschland, hieß es.

Seit Ende 1993 war dies die vierte landesweite Polizeioperation in Frankreich gegen mutmaßliche maghrebinische Islamisten, die das algerische Militärregime bekämpfen. Im August 1994 sind nach einer solchen Operation 20 mutmaßliche FIS-Anhänger wochenlang interniert und dann in den westafrikanischen Staat Burkina Faso abgeschoben worden. Bei der Aktion sollen damals auf dem Bahnhof von Perpignan nahe der spanischen Grenze Waffen für die tunesische FIT gefunden worden sein. Bei der letzten Polizeioperation im November vergangenen Jahres war bei der Fahndung nach Helfern der radikalen algerischen „Bewaffneten Islamischen Gruppe“ (GIA) ein Waffenversteck in Villeneuve-Saint-Georges nahe Paris entdeckt worden.

Waffenhändler, die für die FIS arbeiten sollen, sind zuletzt mehrfach in Europa in die Hände der Polizei geraten. Am 6. Mai war in der französischen Stadt Metz ein Algerier, Abdelhakim Boutrif, mit Sprengstoff im Auto verhaftet worden; auf seine Aussage hin wurde am 19. Mai in Italien der Algerier Djamal Lounici festgenommen, der als ein Hauptwaffenkäufer der FIS gilt und gegen den ein Haftbefehl aus Marokko vorliegt; er soll 1992 und 1993 in Deutschland osteuropäische Waffen für Islamisten besorgt haben und floh im Sommer 1993 nach einem ungeklärten Mordanschlag in Aachen nach Italien. Der französische Richter Jean-Louis Bruguière, der öfter in Antiterror-Angelegenheiten ermittelt, kümmert sich um Lounicis Auslieferung.