Multikulti ohne Ausländer

■ Mit einem selbstgebauten Einbaum will ein Köpenicker Jugendzentrum für eine "Begegnung der Kulturen" sorgen / Mädchen und Ausländer blieben außen vor

Rahnsdorf liegt zwei S-Bahnstationen vor Erkner. „Hier findet die Welt statt“, sagt Bernd Finckenwirth, Rahnsdorfer Maler und Bildhauer. „Dabei denken gerade im Osten die Leute immer, die Welt wäre irgendwo draußen und nicht bei ihnen.“ Damit sich das ändert, hat er ein Projekt gegründet, das er „Unterwegs nach Süden, ein Welt-Spiel in Köpenick“ nennt.

Mit Kindern und Jugendlichen baute er einen Einbaum, zusammen wollen sie in diesem Boot nach den großen Ferien den Müggelsee überqueren, „vom Nord- zum Südufer“. Bei der Ankunft soll ein „Fest der Kulturen der Welt“ stattfinden. Multikulti in Köpenick? Kontakte zu ausländischen Kindern gab es bei den Bootsbauern aber nicht – und auch „kichernde Mädchen“ waren auf der Baustelle nicht gern gesehen.

„Kichernde Mädchen“ sind unerwünscht

Vor dem Rahnsdorfer Jugendzentrum „Mansarde“ stehen imposante Totempfähle, die letztes Jahr geschnitzt wurden. Der etwa 5 Meter lange Einbaum liegt bereits auf der Straße. Der Stapellauf fand Ende Mai statt, nun fehlen noch die Feinarbeiten, ein Mast und ein Segel. Fünf Jungen schnitzen an kleinen Booten. Sie sind alle „fast elf“ Jahre alt und besuchen die Holz-Schnitz-AG des Jugendzentrums. Paul, Friedemann und André gehören zum harten Kern des Einbau-Projekts. „In der Hauptzeit waren wir hier jeden Tag“, erklärt Paul stolz.

Außer den drei Jungs halfen noch zwei Jugendliche regelmäßig mit, ein Arbeitsloser und ein Zivildienstleistender. Auch ein pensionierter Stellmacher und verschieden Väter begeisterten sich fürs Holzhacken. „Das zeigt die ganze breite Palette von Leuten, für die das Projekt offen sein soll“, meint Bernd Finckenwirth.

Mädchen und Ausländer kamen allerdings nicht. „Naja, ich hab' denen gesagt, so kichernde Mädchen können wir nicht gebrauchen, wenn, dann sollen die richtig mitmachen. Und da kamen dann eben keine“, räumt der Projektleiter ein.

Die achtjährige Barbara steht schüchtern bei der Gruppe, sie will auch ein kleines Boot für sich schnitzen. Bei dem großen Einbaum waren nur ihr Bruder und ihr Cousin dabei. Sie hätte auch gerne mitgemacht, aber ihre Mutter hat gemeint, das wäre zu hart für sie. „Der Bernd hat ja auch gesagt, daß keine Mädchen mitmachen sollen“, erklärt einer der Jungs.

Und die ausländischen Kinder? In Rahnsdorf gibt es ein Aussiedlerheim, in dem hauptsächlich Russen, Polen, Sinti und Roma wohnen. „Die kommen aber nur in die ,Mansarde‘, um Gewichte zu heben“, sagt Friedemann. Zu den deutschen Jugendlichen haben sie keinen Kontakt, am Einbaum haben sie auch nicht mitgebaut.

„Die wollen mehr unter sich bleiben“, meint der Künstler, „und es ist dann auch nicht unsere Art, denen was aufzudrücken.“ Ob sie beim Fest dabeisein werden? „Die sind ja gar nicht scharf darauf, ihre Kultur vorzustellen, die wollen nur möglichst schnell Deutsche werden“, weiß er.

Also wird man die Weltkulturen aus Berlin importieren. Radio MultiKulti wird das Fest ankündigen, die „Werkstatt der Weltkulturen“ wird für das Rahmenprogramm sorgen. Welche Kulturen da vertreten sein werden? „Das wissen wir noch nicht. Hauptsache, es findet ein Fest der Begegnung statt.“ Dorothea Schildt