■ Palästinensischer Bruderkrieg im Libanon
: Nicht beachtet und nicht integriert

Nach ihrer Vertreibung aus Jordanien errichtete 1970 die palästinensische Befreiungsorganisation PLO unter der Führung von Jassir Arafat in der libanesischen Hauptstadt Beirut ihr Hauptquartier. Mit den Hilfsgeldern arabischer Staaten schuf sie in den palästinensischen Flüchtlingslagern eine Infrakstruktur mit Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten – einen „Staat im Staat“. Gleichzeitig organisierte sie vom Libanon aus den bewaffneten Widerstand gegen Israel. Mit der israelischen Invasion 1982 wurde die PLO schließlich aus dem Libanon gebombt. Arafat und seine Mitarbeiter zogen nach Tunis.

Zurück ließen sie über 350.000 palästinensische Flüchtlinge, die sie jedoch weiter – wenn auch nur noch eingeschränkt – finanziell unterstützten. Zudem arbeiteten viele der Flüchtlinge als Gastarbeiter in den ölreichen Ländern am Golf. Sie konnten auf diese Weise ihre Familien im Libanon unterstützen, waren also unabhängig von der libanesischen Regierung. Dann, 1990, wendete sich das Blatt: Als Saddam Husseins Truppen in Kuwait einmarschiert sind, ergriff der PLO-Führer Jassir Arafat Partei für den irakischen Diktator. Für die palästinensischen Flüchtlinge bedeutete dies das Ende der finanziellen Unterstützung.

Mit der Unterzeichnung des Gaza-Jericho-Abkommens vor über einem Jahr wurde diese Isolation wiederaufgehoben, und die PLO erhält wieder internationale Finanzhilfen. Doch leitete die PLO fast alle Gelder in die autonomen Gebiete.

Als einziger arabischer Staat räumt der Libanon den Flüchtlingen nach wie vor keinerlei bürgerliche Rechte ein, er hat Angst, die Palästinenser zu integrieren. Denn das politische System des Libanon fußt auf einer Kompromißformel, durch die die Jahrzehnte andauernden Spannungen zwischen den unterschiedlichen Konfessionen entschärft werden sollten. Die führenden Repräsentanten der christlichen maronitischen und sunnitischen Eliten haben sich auf ein Proporzprinzip geeinigt. Die politische Ämterverteilung funktioniert nach einem festgelegten Schlüssel religiöser Zugehörigkeiten. Die libanesische Regierung duldet die Palästinenser also, kann sie jedoch nicht integrieren, soll der empfindliche Religionsproporz nicht gestört werden – die Palästinenser sind größtenteils sunnitische Muslime.

Sollte sich an diesem Spannungsverhältnis von Nichtbeachtung durch die PLO und Nichtintegration durch die libanesische Regierung nichts ändern, werden die extremen palästinensischen Gruppen immer stärkeren Zulauf haben. Zwischen ihnen und PLO- Anhängern wird es dann sicherlich zunehmend zu Auseinandersetzungen kommen. Ain al-Helue wird dann nur der Anfang gewesen sein. Björn Blaschke