Im Verein ist Langeweile immer noch am schönsten

■ FDP-Parteitag markiert Wunsch nach Neuanfang

Mainz (taz) – „Neuer Anfang. Neue Chancen“ hieß der Slogan des FDP-Parteitags am Wochenende in Mainz. Ob die Liberalen tatsächlich ihren Neuanfang gemacht haben, ist jedoch zweifelhaft. Das umstrittenste Thema jedenfalls haben sie ausgespart: Über den Großen Lauschangriff wurde nicht diskutiert, das Thema wurde auf Wunsch des neugewählten Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt vertagt. Harmonie dominierte – Gerhardt rief den Delegierten in seiner Abschlußrede mehrfach zu: „Wir werden das schon schaffen.“ Alle Flügel der Partei zu integrieren ist erklärtes Ziel des neuen FDP-Chefs, auch wenn er sich von den Nationalliberalen um Alexander von Stahl distanzierte. „Wir Liberale lassen uns nicht verbiegen, weder nach rechts noch nach links“, so Gerhardt.

Die 661 Delegierten hatten sich am Samstag gegen den Wadenbeißer Möllemann und für den „schnarchenden Löwen“ Gerhardt entschieden; grenzenlos solide hatte der sich mit 57 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Der Ex-Parteichef Kinkel wurde eher als Auslaufmodell gehandelt. Entgegen seinen Mahnungen und gegen seinen ausdrücklichen Willen beschlossen die Mitglieder, daß das Waffenembargo gegen Bosnien aufgehoben werden soll. Allerdings werde diese Entschließung seine Politik nicht beeinflussen; denn, so der Außenminister im Gespräch mit der taz: „Glauben Sie im Ernst, daß die Weltpolitik sich danach richtet, was hier beschlossen wird?“ Am Sonntag entschieden die Liberalen schließlich auch, daß es bei ihnen in Zukunft etwas basisdemokratischer zugehen soll. Sie sprachen sich für einen Mitgliederentscheid aus. Ein echter Aufbruch für den Fall, daß es die FDP nach vier weiteren Landtagswahlen überhaupt noch gibt. Karin Nink

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