Verfassung wurde teilerneuert

■ Änderungen passierten Parlament / Grundlage für Fusion

Das Abgeordnetenhaus hat gestern mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit einer Reform der Berliner Verfassung zugestimmt. Insgesamt 184 Parlamentarier von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP votierten in namentlicher Abstimmung für das überarbeitete Werk, 30 Abgeordnete vor allem aus den Reihen der PDS dagegen. Außerdem gab es eine Enthaltung. Zu den wesentlichen Änderungen gehören weitergefaßte Grundrechte und Staatszielbestimmungen sowie die Einführung plebiszitärer Elemente. Die reformierte Verfassung tritt – entsprechende Zustimmung vorausgesetzt – nach einer Volksabstimmung am 22. Oktober dieses Jahres in Kraft.

Die Reform war notwendig, weil die alte West-Berliner Verfassung mit jener in Einklang gebracht werden mußte, die von der ersten freigewählten Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung 1990 beschlossen worden war. Dazu hatte das Parlament eine Enquetekommission eingesetzt.

Beschlossen wurde, den bereits verankerten Schutz von Ehe und Familie auf dauerhaft angelegte Lebensgemeinschaften auszudehnen. Außerdem erhielt die Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern sowie die Förderung Alleinerziehender, von Kultur und Sport, beruflicher Erstausbildung und Wohneigentum Verfassungsrang. Neu ist auch, daß niemand wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden darf.

Außerdem sind künftig Volksinitiativen, -begehren und -entscheide möglich. Darüber hinaus hat das Parlament eine Stärkung erfahren. Der Senat muß das Abgeordnetenhaus über alle Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung unterrichten. Das betrifft auch Angelegenheiten der Europäischen Union. Das Abstimmungsergebnis lag erst nach dem dritten Anlauf vor. Grund dafür waren technische Pannen, für die das Präsidium die Schuld trug. Zuvor schufen die Abgeordneten die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die geplante Länderfusion Berlin-Brandenburg, die mit einem Staatsvertrag am 22. Juni 1995 und einer Volksabstimmung am 5. Mai 1996 besiegelt werden soll. Darüber hinaus können EU-Ausländer bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 22. Oktober erstmals an die Wahlurne treten. Bei der Abgeordnetenhauswahl sind EU-Ausländer jedoch weiterhin nur Zuschauer. ADN