Zerbrechliches Glas nach Gorleben

■ Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt Einlagerung von WAA-Müll in Gorleben / Protesttag im Wendland

Hannover (taz) – 100 wendländische Bauern fuhren mit ihren Traktoren an und demonstrierten gemeinsam mit 500 Eltern und Kindern auf und an den Bahngleisen in Dannenberg gegen weitere Castor-Transporte ins Gorlebener Zwischenlager. Am Freitag erst hatte das Bundesamt für Strahlenschutz eine neue Nutzungsgenehmigung für das Gorlebener Atommüllager erteilt – gerade rechtzeitig zum Protesttag, an dem die „Bäuerliche Notgemeinschaft“ in Dannenberg die „Gleise beackerte“. Diese Genehmigung soll hochradioaktiven verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich den Weg nach Gorleben ebnen. Außerdem erlaubt sie im Zwischenlager die Einlagerung von hochaktiven Brennelementen mit jenem höherem Abbrand, wie er in bundesdeutschen AKWs seit Jahren üblich ist. Alle weiteren Transporte nach Gorleben sollen jetzt auf Grundlage dieser neuen Genehmigung erfolgen, die statt einer Gesamtmenge von bisher 1.500 Tonnen Schwermetall künftig im Zwischenlager ein radioaktives Inventar von 3.800 Tonnen erlaubt.

Die Bürgerinitiative Lüchow- Dannenberg, die in der sogenannten „Nutzungserweiterung“ eine von Grund auf neue Genehmigung sieht, hat bereits eine Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Strahlenschutz angekündigt. Vor allem der Transport und die Lagerung der Glaskokillen mit WAA- Müll werfe eine Reihe bedenklicher Sicherheitsfragen auf, erklärte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Die zylindrischen Glaskokillen, von denen 20 oder 28 in einen Behälter gepackt werden sollen, werden nach Betreiberangaben durch den eingeschmolzenen Abfall auf 350 bis 370 Grad aufgeheizt. Nach Angaben der BI ist das Glas der Kokillen, die 40 Jahre in Gorleben abkühlen sollen, stoßempfindlich, kann Risse bilden oder auch zerbrechen. Auch zu heiße Kokillen können erhebliche Mengen an Radionukliden freisetzen. Eine Entnahme von Proben direkt beim Einschmelzen des Abfalls ist nicht vorgesehen. Die Betonwände der Gorlenbener Halle, in der es nur Öffnungen in den Wänden, aber ansonten kein Kühlsytem gibt, vertragen nur eine maximale Innentemperatur von 60 Grad. Da ein volles Zwischenlager nunmehr 16 Megawatt Wärme produzieren würde, könnte diese Temperaturgrenze in heißen Sommern überschritten werden. Jürgen Voges