Ehrlicher Steuerzahler

■ Künftiger FDP-Vorsitzender weist Vorwurf der Unseriosität zurück

Bonn (taz) – Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gerhardt, der am nächsten Wochenende zum neuen FDP-Bundesvorsitzenden gewählt werden will, ging gestern in die Offensive. Er wies alle Vorwürfe zurück, er sitze im Beirat eines dubiosen Versicherungsunternehmens und habe sich von diesem Reisen ins Ausland bezahlen lassen. Damit widersprach Gerhardt Recherchen des Magazins Der Spiegel. Der Bundestagsabgeordnete betonte, daß das Unternehmen seriös arbeite. Auch habe er den jährlichen Nebenverdienst von 20.000 Mark korrekt versteuert und beim Präsidium des Bundestages angegeben.

Laut Spiegel ist die Deutsche Vermögensberatungs AG (DVAG), in deren Beirat neben Gerhardt noch andere Politprominente sitzen, ein windiges Unternehmen, das an der Haustür Versicherungspolicen, Investmentsfonds und Bausparverträge verkauft und als „Deutschlands größte Drückerkolonne“ gelte. Der Bund der Versicherten bezeichne die Policen des Frankfurter Unternehmens als „Schrottprodukte“.

Gerhardt äußerte sich gestern nicht nur zu seiner Person, sondern auch zu politischen Themen. Der hessische FDP-Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete machte deutlich, daß er den „großen Lauschangriff“ nicht auf dem Mainzer Parteitag diskutieren will, sondern nach einer Überprüfung „unter hohen rechtsstaatlichen Kriterien“ erst 1996. Dann steht sowieso eine Prüfung der Verbrechensbekämpfungsgesetze an. Sichtlich um liberales Image bemüht, plädierte er für Erleichterungen im Einbürgerungsrecht und eine „ökologische Marktwirtschaft“, mit der sich die FDP deutlich von den Grünen abgrenzen könne. Gerhardt distanzierte sich auch von den Nationalliberalen in der FDP um Zitelmann und von Stahl, die ihm ihre Unterstützung zugesichert haben. „Das sind nicht meine Verbündeten, ich lasse mich von denen nicht vereinnahmen.“ Mit den Linksliberalen will er „kontrovers in derselben Partei streiten“. Es hat wenig überrascht, daß er im Falle seiner Wahl den Generalsekretär Guido Westerwelle weiter in diesem Amt sehen will. Karin Nink

Siehe Interview Seite 10