Sommersmog gegen Sommerpause

■ SPD droht mit Vermittlungsausschuß für Ozongesetz / Distickstoffbelastung bei Kat-Autos beachten

Bonn (dpa) – Die SPD-Bundestagsfraktion will wegen des Ozongesetzes das Parlament im Juli aus der Sommerpause zurückholen. Die Vorlage der Bundesregierung sei eine „unverantwortliche Mogelpackung“, sagte ihr Umweltexperte Michael Müller gestern in Bonn. Während er vor allem 240 statt 270 Mikrogramm Ozon – wie im Gesetzentwurf vorgesehen – als Auslösewert für Fahrverbote forderte, sprachen Abgeordnete von CDU/CSU und FDP von Panikmache.

Einig zeigten sich Koalition und SPD im Ziel, über wirksame Maßnahmen gegen zu hohe Ozonbelastung noch vor der Sommerpause zu entscheiden. Am 19. Juni ist eine Expertenanhörung mit Beteiligung der Länder und Polizei vorgesehen, aus deren Reihen Kritik an der Umsetzbarkeit der Maßnahmen laut wurde (taz vom 30.5.). Die SPD geht davon aus, daß der SPD-dominierte Bundesrat am 14. Juli die Vorlage ablehnt und ein Vermittlungsverfahren nötig wird. Über einen Kompromiß könnte der Bundestag im Juli entscheiden, wenn er ohnehin wegen des Beschlusses über das Jahressteuergesetz 1996 aus den Ferien zurückkehren muß.

Müller und sein Fraktionskollege Dietmar Schütz verlangten, daß ab 120 Mikrogramm Ozon die Öffentlichkeit vorsorglich informiert wird. Als Tempolimits verlangt die SPD 80 oder 90 Stundenkilometer für Pkw und Tempo 60 für Lkw auf Autobahnen, außerorts sollten Pkw und Lkw nicht schneller als 60 km/h fahren. Eine „Verhandlungsmarge“ im Vermittlungsausschuß wird beim Pkw- Tempolimit bei Tempo 100 gesehen, falls sich der Bund bei den Ozonwerten beweglich zeigen sollte. Die Fahrverbote ab 240 Mikrogramm müßten für Pkw ohne Katalysator und Lkw gelten, die nicht der Euronorm I entsprechen. In der Industrie seien Produktionseinschränkungen bei Anlagen vorzusehen, die nicht mit modernen Reinigungssystemen für Abgase ausgerüstet sind.

Als neue Gefahrenquelle für das Klima wertete Müller, daß nach wissenschaftlichen Untersuchungen Autos mit Kat mehr den Schadstoff Distickstoffoxid (N2O) in die Luft blasen als Fahrzeuge ohne Katalysatortechnik. Umweltministerin Angela Merkel (CDU) habe im Umweltausschuß eingeräumt, daß dieser aus dem Verkehr stammende Schadstoff zunehmend zum Problem werde. Als wirksamstes Gegenmittel nannte Müller die Begrenzung des Kraftstoffverbrauchs. Das Fünf-Liter- Auto müsse früher kommen.