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■ "Was will die Frau"? In Köln stellte der neue TV-Frauensender "TM 3" sein magersüchtiges Profil vor

Frauenbeauftragte, Frauenromane, Frauenprobleme – Komposita mit dem Präfix „Frau“ klingen häufig nach bedrohten Arten und Behindertenquoten, nach gönnerhaft Erteiltem also. Nun wird den 42 Millionen Benachteiligten und Beladenen in Deutschland gleich ein ganzer Sender zuteil, ein Frauensender eben.

Nachdem die Männer von den Landesmedienanstalten den männlichen Gesellschaftern von Tele München und dem Bauer- Verlag (Praline, das neue Wochenend) die Erlaubnis erteilten, von Mann zu Frau gewissermaßen, ab dem 28. August loszusenden, stellten sich die Männer des ersten deutschen Frauensenders TM3 in der letzten Woche selbstkritisch die Bauknecht-Frage: „Was will die Frau?“ 400 Vorzeigedamen aus der Welt der Medien, Moden und der Musen hatten die TM-3-Macher in die opulenten Hallen der Kölner Flora geladen, um der einen oder anderen Podiumsdiskussion vielleicht kluge Antworten abzutrotzen. So richtig nachgedacht, das war dem Pressetext zu entnehmen, hatten die Frauenbeglücker in spe bislang noch nicht. Da waberten Parolen vom Ende der Emanzipation, vom „postfeministischen“ Zeitenwechsel über das edle Papier, und schon stand – mann höre, frau staune – die vollendete gleichberechtigte Gesellschaft am Horizont, in der sich frau im hochemanzipierten Spannungsfeld zwischen „Pretty Woman“ (Julia Roberts) und „Anna Maria“ (Uschi Glas) behaglich eingerichtet habe.

Die Frau von heute sieht der TM-3-Einkaufsliste zufolge am liebsten Arztserien bis zum Testbild, brasilianische Seifenopern, Beauty-Tips und tägliche Talkshows aus der Wie-finde-ich- einen-Mann-bekomme-zehn- Kinder-und-bleibe-trotzdem- schlank?-Ecke. Stolz verwies TM- 3-Geschäftsführer Jochen Kröhne, der ehedem bei „Premiere“ als Programmdirektor die Spielfilme sortierte, auf richtungweisende Innovationen: Mann hat auch ein Jungmädchen-Magazin („Mensch Mädchen“) im TM-3-Beauty- Case, eine „Mona-Lisa“-Kopie, die das Spiegel-TV-Team [Muß mann denn immer den Bock zum Gärtner machen? d.sin] erstellen soll, sowie ambitionierte Produktionen aus dem „Filmpool“ der TV-Journalistin Gisela Marx. Deren geplanter Titel („Papu und Mamu“) bestätigt in seinem hospitalistischen Zauber, daß Namensgebung nicht die Stärke des neuen Senders sein dürfte – klingt doch auch der Name TM 3 eher nach der nächsten Pershing-Generation als nach einem Programmkonzept.

Nachdem Fernsehgründer Kröhne seine Blicke abermals – und wohl noch immer auf der Suche nach einer Chefredakteurin für TM 3 – über die anwesenden Damen streifen ließ, übernahmen diese endlich das Wort und brachen in öffentliches Brüten aus. Die von Carmen Thomas tapfer beaufsichtigte Diskussionsrunde über „Frauenbilder“ brachte neben wolkigen Zielgruppenanalysen von Frauenzeitschriften immerhin die Erkenntnis, daß allein die stellvertretende Allegra-Chefredakteurin Sybilla Jahr ein ganz präzises Bild der Frau von heute im Kopf hat. Sie wollte es – die Konkurrentinnen schliefen nicht – dann aber doch nicht verraten.

Gelegentliche Ausrutscher in einen ernsthaften feministischen und medienpolitischen Diskurs verebbten. Gisela Marx wetterte gegen die „Zwanzig bestehenden Männersender“, fragte „Wollen, können oder dürfen wir nicht?“ und ließ die sprechenden Alibi- Frauenköpfe des deutschen Mattscheibenelends mit klirrendem Charme Revue passieren. Ihre begrüßenswerte Forderung, für wahrhaft verstandene Emanzipationsbestrebungen auch mittelmäßigen Frauen den Weg auf die von mittelmäßigen Männern besetzten Fernsehchefsessel zu ermöglichen, wurde von den Diskutantinnen dankbar aufgegriffen: Die Schleusen öffneten sich, selbstverliebt wurden fortan vor allem die eigenen Grenzen vorgeführt.

Da reklamierte Sat.1-Blondine Gundis Zambo das Recht auf Lippenstift und Stöckelschuh, da schmähte Sissy Perlinger erfolglose Frauen als stundenlange Schminkerinnen. Da grübelte Domenica über „Fernsehen mit Seele“, und die Vizechefredakteurin der Berliner Zeitung, Georgia Tornow, erinnerte an ihre revolutionäre Jugend, in der sie ihre Brigitte nur „unter der Bettdecke“ gelesen habe. Überlegungen für ein grundsätzliches frauenfreundlicher strukturiertes Fernsehen verwarf sie als pseudofeministische Träumereien. [Wär' besser gewesen, die Dame hätte „Emma“ „über der Bettdecke“ gelesen! d.sin] „News zur weiblichen Lebenssituation“, Spielfilme mit „tragenden Frauenrollen“, das muß reichen. Für TM3 war die seit kurzem mit einem Beratervertrag Ausgestattete ihr Geld wert. Willkommen im Kosmos zwischen Pretty Woman und Anna Maria. [Und tschüs, TM3! d.sin]Birgit Glombitza