Kaum noch Hoffnung auf Überlebende

■ Wahrscheinlich mehr als 2.000 Tote bei Erdbeben auf Pazifikinsel Sachalin / Neftegorsk praktisch völlig zerstört / Schwierige Rettungsarbeiten

Moskau (dpa) – Bei dem bisher stärksten Erdbeben in der russischen Pazifikregion auf der Insel Sachalin sind wahrscheinlich mehr als 2.000 Menschen ums Leben gekommen. Das gab am Montag der Minister für Katastrophenschutz, Sergej Schoigu, bekannt, der die Rettungsarbeiten leitete. Neftegorsk, eine Erdölarbeitersiedlung im Norden von Sachalin, wurde durch das Beben der Stärke 7,5 auf der Richterskala praktisch dem Erdboden gleichgemacht.

Die ersten am Montag in Moskau gezeigten Fernsehbilder vom Unglücksort gaben einen Eindruck von der Verwüstung, die den russischen Minister für Gesundheit, Eduard Netschajew, an das Erdbeben von Armenien erinnerten, wo im Dezember 1989 etwa 25.000 Menschen starben. „Eine solch große Zerstörung gab es nicht einmal in Spitak“, verglich er die Lage mit der damals zerstörten armenischen Provinzstadt.

„Wir dachten nicht, daß die Lage so schlimm ist“, sagte Oleg Soskowez, russischer Vizeregierungschef. Mit bloßen Händen versuchten Überlebende die großen Betonblöcke beiseite zu räumen. Alte Frauen saßen weinend neben den Resten ihrer Habe auf den Trümmern. Notdürftig wurden die geborgenen Toten zunächst an den Straßenrand gelegt und zugedeckt. Zwischen den Schuttbergen waren weitere Leichen zu sehen. Bis Montag mittag wurden 300 Tote geborgen. Über 100 Verletzte wurden mit Hubschraubern in Krankenhäuser von Ocha, Wladiwostok oder Chabarowsk geflogen.

Die Regierung stellte zunächst Mittel in Höhe von mehr als zehn Milliarden Rubel (etwa 2,8 Millionen Mark) für erste Hilfsmaßnahmen zur Verfügung. Soldaten und Vertreter des Gesundheitsministeriums bauten Feldhospitäler auf.

Von den etwa 2.800 in Neftegorsk registrierten Einwohnern hatten sich bis Montag nur etwa 340 gemeldet, für die anderen sank die Hoffnung auf Rettung von Stunde zu Stunde. Die Menschen wurden von dem Erdstoß in der Nacht zum Sonntag um 01.00 Uhr im Schlaf überrascht. 17 fünfstöckige Gebäude brachen wie Kartenhäuser zusammen und begruben die Schlafenden unter riesigen Betonquadern.

Die Bergungsarbeiten gestalteten sich für die etwa 500 Helfer angesichts der riesigen Trümmer bei Temperaturen von nur wenigen Grad über dem Gefrierpunkt äußerst schwierig. Nur wenige Bagger standen zur Verfügung, um die Trümmerhaufen abzutragen.

Der Vizegouverneur von Sachalin, Viktor Gurjewitsch, dementierte am Montag, daß durch das Beben auch eine Umweltkatastrophe ausgelöst worden sei. Zuvor hatte es geheißen, eine Erdölpipeline sei mehrfach geborsten.