Deutscher Ärztetag contra Bonn

■ Der Abtreibungs-Gesetzentwurf wurde scharf abgelehnt

Stuttgart (dpa) – Deutschlands Ärzte sind in der Abtreibungsfrage auf harten Konfrontationskurs zur Bundesregierung gegangen. Zum Abschluß des 98. Deutschen Ärztetags lehnte das oberste Gremium der 327.000 deutschen Mediziner gestern in Stuttgart den Gesetzentwurf für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs als massiven Eingriff in die Arbeit von Frauenärzten ab. Das Ärzteparlament sprach von einer „Brüskierung der gesamten deutschen Ärzteschaft“.

In einem Beschluß des Ärztetages heißt es, es dränge sich der Verdacht auf, daß die beabsichtigten Regelungen dazu dienten, „die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen für die Ärzte so gefährlich und unangenehm zu machen“, daß sich nur noch wenige Mediziner dazu bereit finden.

Das Ärzteparlament forderte den Bundestag auf, weitere Strafandrohungen gegen Ärzte, Patienten und deren Angehörige nicht zuzulassen. Den Ärzten, die den Abbruch vornehmen, sollten Beratungspflichten aufgezwängt werden, die „im Ergebnis einer Pflicht zur zweiten Beratung gleichkommen“. Nach dem Gesetzentwurf soll sich der die Schwangerschaft abbrechende Arzt strafbar machen, wenn er sich die Motive der Frau für den Abbruch nicht hat darlegen lassen. Dies kriminalisiere die Ärzte und gehe weit über die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts hinaus. Das Vertrauensverhältnis zwischen Patientin und Arzt werde dadurch schwer belastet.