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: Ja, ich will?

„Traumhochzeit“, Samstag, 20.15 Uhr, RTL

Schon die Ankündigung am letzten Samstag hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Daß Linda de Mol in ihrer „Traumhochzeit“ ein holländisches Lesbenpaar würde auftreten lassen, brachte die Diskussion über die Homo- Ehe unter den gay-couples erneut in Gang: Wer würde im Fall des Falles das Brautkleid tragen? Die „femme“ oder der „Kesse Vater“? Die „Fummeltunte“ oder der „Lederschwule“?

Natürlich saßen dann vorgestern alle zur Primetime vor dem Fernseher, anstatt die Subkultur mit Leben zu füllen. Und auch für die gewöhnlichen Heteros wird diese ungewöhnliche „Traumhochzeit“ ein Grund gewesen sein, das RTL-Knöpfchen zu drücken. Das erste Etappenziel auf dem Weg zur gleichgeschlechtlichen Emanzipation haben wir also nun erreicht: wir sind quotenfähig geworden.

Daß das noch lange nicht bedeutet, auch hoffähig zu sein, schlug uns Linda de Mol allerdings gleich zu Beginn des Abends um die Ohren: Nur eine kleine Kostprobe, wie es demnächst sein könnte, würde sie uns heute präsentieren. Nach Begutachtung von Corrie und Marion, die sich an diesem Abend „außer Konkurrenz“ ihre Liebe versprechen würden, sollte die Fernsehnation per Ted darüber entscheiden, ob künftig auch Schwule und Lesben an dem romantischen Tingeltangel teilnehmen dürfen.

Gleich eine ganze Nacht ließ man dem Volkeswillen Zeit, über diese schwierige Entscheidung nachzudenken. „Wollen wir schon nach der Sommerpause der Liberalität freien Lauf lassen, oder möchten wir uns mit dieser großmütigen Heldentat vielleicht doch noch einen Winter lang Zeit lassen?“

Heute mittag wird in der RTL-Nachrichtensendung „Punkt 12“ das Ergebnis des televisionären Volksentscheids verkündet werden, und die Chancen, daß wir dann von höheren Gnaden die Erlaubnis erhalten, bei der „Traumhochzeit“ mitzutun, stehen gar nicht mal schlecht. Um so wichtiger ist es, daß wir dieses seltsame Spiel gar nicht erst mitspielen. Es gibt viele Gründe, für eine rechtliche Gleichbehandlung von homosexuellen Paaren zu kämpfen. Die lesbische „Traumhochzeit“ ist auf diesem Weg aber kein Fort-, sondern ein Rückschritt: Denn darüber, ob ich mich „zu meiner Liebe“ öffentlich bekennen darf, lasse ich nicht abstimmen. Dieses Recht habe ich mir längst erkämpft. Klaudia Brunst