■ Bonn apart
: Gestrige Jusos

Was die Jusos treiben, kümmert in Bonn meist keine Sau. Überregionale Schlagzeilen gemacht haben sie in letzter Zeit nur mit der Todesdrohung gegen Mischlingshund „Lobo“ und mit der wahlkampfgerechten Attacke des Vorsitzenden Thomas Westphal gegen – nein, nicht gegen Helmut Kohl, sondern gegen den Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping. Jetzt hat die Misere an der Spitze des Verbandes von immerhin 130.000 Mitgliedern einen dritten Namen: Gera.

Zwei Pressekonferenzen haben die Jusos diese Woche in Bonn kurzfristig abgesagt. Hinter verschlossenen Türen stritten Westphal-Anhänger und -Gegner, ob der auf dem Bundeskongreß in Gera mit nur einer Stimme Mehrheit wiedergewählte Chef nicht so lange auf sein Amt verzichten müsse, bis die Vorwürfe um Wahlmanipulation geklärt seien. Beim dritten Termin erklärte Westphal, er bleibe. Sein Gegner, der unterlegene Stephan Grüger, schloß eine Spaltung nicht mehr aus.

Seltsam genug, daß ein Juso- Chef ausgerechnet in einer Zeit, da sich für Rot-Grün in Bonn eine Perspektive auftut, mit dem Konzept einer „Bewegung“ außerhalb der Partei antritt und damit sogar mehrheitsfähig bleibt. Aber politische Inhalte oder Konzepte interessieren bei den Jusos zur Zeit reichlich wenig.

Dort tobt nun der Kampf darum, wie undemokratisch sich das jeweils andere Lager aufführe. Westphal-Gegner werden als Schoßkinder der Parteioberen geschmäht. Westphal-Freunden unter den Funktionären wird vorgehalten, sie würden sich „wie römische Cäsaren gebärden“, in einzelnen Bezirken werde „übelste Kaderpolitik“ betrieben.

Gerne glaubt man den Versicherungen einiger Funktionäre, wonach die Jusos in manchen Landesverbänden und vielen Bezirken mit praktischer und linker Politik gute Erfolge erzielen. Aber wieviel Sinn macht ein Bundesverband, der davon gar nichts nach Bonn bringt?

Rudolf Scharping, gefragt nach den Jusos, macht sich mit der Feststellung Mut, daß der Jugendanteil in seiner Partei auch nicht geringer sei als im Bevölkerungsdurchschnitt. Das klingt, als wolle er sagen: Die Jusos können treiben, was sie wollen, sie machen die SPD nicht kaputt.

Bei Sonntagsveranstaltungen wird gern der Satz zitiert, wonach der Parteijugend die Zukunft gehöre. Die Jusos haben da noch einen weiten Weg vor sich. Sie sind nämlich noch nicht einmal in der Gegenwart angekommen.

Hans Monath