Ja zum Reaktor Garching

Bund-Länder-Wissenschaftsrat stört sich nicht am Einsatz von Waffenuran / Auch SPD-Delegierte aus Mainz und Saarbrücken stimmen zu  ■ Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) – Der umstrittene Forschungsreaktor FRMII in Garching bei München nahm gestern eine weitere Hürde. Mit Zweidrittelmehrheit stimmte der Wissenschaftsrat in Saarbrücken der Einstufung des Projekts in die Kategorie I zu. Dies bedeutet die Bau- und Mittelfreigabe. Triumphierend erklärte der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) im Anschluß an die Entscheidung, auch die SPD-geführten Länder Rheinland-Pfalz und das Saarland hätten in dem Bund-Länder-Gremium für die 20-Megawatt-Neutronenquelle votiert. Die TU München hofft, daß nun bis Ende des Jahres eine erste atomrechtliche Teilgenehmigung vorliegt und anschließend mit dem Bau begonnen werden kann.

Das Konzept des von Siemens konzipierten Forschungsreaktors ist national und international umstritten, weil erstmals seit 1978 wieder hochangereichertes, atomwaffentaugliches Uran als Brennstoff in einem neuen Reaktor eingesetzt werden soll. Bei den Verhandlungen über die Verlängerung des Atomwaffensperrvertrags in New York hatte die deutsche Delegation vor zwei Wochen erfolgreich eine Formulierung verhindert, die den Einsatz des Bombenstoffs in neuen Forschungsreaktoren grundsätzlich verboten hätte.

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, daß das Auswärtige Amt die Bedenken der heutigen Kritiker während der Ära Genscher durchaus geteilt hat. In einem Schreiben vom Februar 1988 an die an der Garching-Entscheidung beteiligten Ressorts hieß es wörtlich: „Nach Ansicht des Auswärtigen Amtes gefährdet die Einrichtung einer neuen Forschungsanlage mit hochangereichertem Uran die bisherige internationale Zusammenarbeit, entzieht ihr die Glaubwürdigkeit... Schon 1984 hatte die Bundesregierung auf eine Anfrage geantwortet: „Bei neuen Forschungs- und Testreaktoren werden die niederiger angereichterten Brennstoffe von vornherein vorgesehen.“

Heute will in Bonn davon niemand mehr etwas wissen. Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen Amt, erklärte am Donnerstag auf Anfragen aus der SPD- Fraktion, „im Verlauf des Abstimmungsprozesses“ habe die Bundesregierung später entschieden, daß der FRMII „nicht gegen internationale Empfehlungen verstößt“. Damit, empörte sich gestern in München die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Irene Sturm, werde die „Verlogenheit deutlich“, mit der der FRMII durchgepowert werden solle. Die SPD im Saarland und in Rheinland-Pfalz habe die „Brisanz der Thematik vollends verschlafen“.