Auf langen Weg im Westen einrichten

■ PDS-Landesvorsitzende Petra Pau: Bremer Ergebnis motiviert Westberliner Bezirke nicht / Wahlprogramm muß überarbeitet werden / Trotz Kritik von Gregor Gysi will Pau an der offenen Liste auch 1999...

taz: Frau Pau, auf dem Landesparteitag der PDS gab es ungewöhnlich deutliche Kritik von der Bundesprominenz. Gregor Gysi bemängelte, daß man aus der Partei erst austreten müsse, um für sie kandidieren zu können. Hat es die offene Liste nun zum letzten Mal gegeben?

Petra Pau: Die offene Liste ist eine der wichtigen Chancen für die PDS, sich zu einer gesamtdeutschen und sozialistischen Partei zu entwickeln, die über ihren eigenen Horizont hinausblickt. Deshalb wird es sie auch bei den Wahlen 1999 wieder geben. Und die anderen Parteien wären gut beraten, auch über Öffnungen nachzudenken.

Bundesvorsitzender Lothar Bisky kritisierte das Wahlprogramm als „links-verworren, verknotet und kompliziert“. Wie wollen Sie das Programm entknoten?

Das Programm ist gut, nur ein bißchen lang. Wir überarbeiten es jetzt sprachlich und kürzen auch, damit es unsere Wähler erreicht, so daß sie verstehen, was wir wollen.

Gysi forderte, daß sich die PDS an eine rot-grüne Minderheitsregierung nicht anbiedern dürfe. Was sind die Bedingungen für eine Tolerierung?

Wir haben beschlossen, eine Minderheitsregierung grundsätzlich zu tolerieren, wenn sich nur die Chance für einen Politikwechsel erkennen läßt.

Die Frage aber, wie Bedingungen im Detail aussehen, hat die PDS vertagt.

Ende Juni gibt es dazu eine bestimmt interessante Veranstaltung mit der PDS Sachsen-Anhalt, den Brandenburgern und dem Bundesvorstand.

Nicht nur Gysi und Bisky kritisieren die Politik des Berliner Landesvorstandes. Ein Drittel der 135 Delegierten hat Ihnen die Stimme für die Spitzenkandidatur verweigert. Sie haben das Ergebnis von 63 Prozent als „schallende Ohrfeige“ bezeichnet. Was haben Sie falsch gemacht?

Ohrfeige ja, Boxhieb nein. Ich habe die Quittung dafür bekommen, daß ich in den letzten Wochen sehr deutlich meine Meinung gesagt habe, zum Beispiel zur offenen Liste ...

... in der Modrow keine Rolle mehr spielte.

Wir als Landesvorstand wollten eine quotierte gesamtstädtische Fraktion mit Fachkompetenz sowie mit erfahrenen Politikern, die sich im außerparlamentarischen Bereich auskennen und für neue Ansätze stehen. Und da stehen wir auch jetzt ganz gut da.

In Bremen hat die PDS ihr Wahlziel verfehlt, in die Bürgerschaft einzuziehen. Ein Zeichen, daß die PDS in Westberlin kaum eine Chance hat?

Das Bremer Ergebnis motiviert die Westbezirke sicher nicht. Erfreulich ist aber, daß wir in Bremen – das erste Mal im Westen auf kommunaler Ebene – in fünf von 22 Stadtteilbeiräten vertreten sind, die allerdings weniger Kompetenzen haben als die Bezirksverordnetenversammlungen. Wir müssen uns im Westen aber schon auf einen sehr langen Weg einrichten. Interview: Dirk Wildt